Comment by Caren.:
November rain in Wiesbaden. Das Konzert ist seit Monaten ausverkauft. Die Vorgruppe HALESTORM aus Pennsylvania hat gerade 2013 einen Metal Grammy gewonnen (für Performance). Der Preis hätte allein schon dem Schlagzeuger zukommen müssen, denn der entpuppt sich als der absolute Entertainer & Animateur. Der Rest der Truppe kann zwar auch was – klassische 4er Besetzung mit Sängerin (sieht gut aus & spielt Gitarre) – macht aber ein wenig viel TamTam in ihren nietenbesetzten Jeansshorts & Lederoberteil. Ich muss nicht in jedem Song 5x „Ey, Germanyyyyyy!“ hören, zum mitklatschen animiert werden, „Somebody screeeeeeam!“ beantworten oder die Pommesgabel zeigen. Als die Sängerin dann noch fragt „Hey, Germany, do you like cowbells??“, fragt man sich doch ernsthaft, ob sie sich nicht eher in der Schweiz oder in Bayern wähnt, zumal dann noch nicht mal Kuhglocken im nächsten Lied VORkommen.... (vielleicht ist sie ein weiblicher „Bruce Dickinson“ und meint am Ende nur den "More cowbell"-Gag). Dennoch: sie ist sehr stimmsicher, trifft Töne und kann auch mal richtig rauchig schreien, auch wenn man oft unfreiwillig an DORO erinnert wird. Aber lustig wird’s erst, als sie ihren kleinen Bruder vorstellt, der an den Drums sitzt und ein Solo spielen darf. Schon vorher hatte man ihn als neues „Animal“ wahrgenommen, da flogen Arme, Drumsticks & Haare schlaksig durch die Gegend, denn er holt bei jedem Schlag volle Pulle aus. Manchmal steht er sogar auf und spielt im Stehen, stellt sich freudestrahlend auf den Hocker und jongliert beim Spielen mit den Stöcken als hätte er mal im Zirkus gearbeitet, denn der Takt sitzt trotzdem, Hut ab. Es werden sogar Wurfspielchen mit dem Roadie gespielt, dem die Sticks meterweit zufliegen (auch zurück), und das Publikum muss ein paar Mitgröl-Melodien nachsingen, da das blonde Tier auch noch ein Mikro hat. Schon niedlich, dem kann man irgendwie nichts übelnehmen. Am Ende folgt von ihm noch ein „Cut my life into pieces...!“ und das Publikum antwortet brav mit einem einstimmig gebrüllten „This is my last resort!“, während er von hinten über sein Schlagzeug nach vorne springt und die letzten der bestimmt 50 verbrauchten Drumsticks im ganzen Saal verteilt – aha – HALESTORM haben schon mal PAPA ROACH auf einer Europatour begleitet. Funktioniert also immer noch. Alles grinst.
ALTER BRIDGE starten mit dem 2. Song der neuen Scheibe „Addicted to pain“, es wird nochmal um ein paar Dezibel lauter. Besonders der Bass scheint eine Art Subwoofer zu haben, entpuppt sich aber nur als 5. Tieftöner-Saite. Musikalisch können die Ex-Instrumentalisten von CREED einiges. Besonders Mark Tremonti an der Gitarre hat auch Solo-CDs zu bieten, die noch eine Spur härter & schneller im Metalbereich angesiedelt sind. Das lässt er uns spüren. Myles Kennedy macht den langhaarigen Strahlemann am Gesang, seine Stimme ist fehlerlos. Als Tremonti auch mal die Hauptvocals singen darf, gibt es eine gute & tiefere Abwechslung zu der sonst sehr hohen Stimme. Auch die HALESTORM Sängerin wird für ein Balladen-Duett hinzugezogen und ist wieder brillant.
Für meinen Geschmack war der ganze Auftritt der Band ein wenig zu perfekt (psssst, ich habe mich streckenweise etwas gelangweilt, das kann aber durchaus auch an der Melodic-Metal-Spielart und ihren voraussehbaren Songstrukturen liegen). Man fragte sich manchmal, ob der Sound es live bringt, um die auf den Punkt produzierte Konserve toppen zu können. Kann er nicht. Eigentlich reicht es auch, die Jungs auf CD zu hören. Aber immerhin haben sie die von mir erwarteten Songs gespielt („Metalingus“ und „Slip to the void“).
Wenn dann noch jemand den 3 Jungs neben mir auf’s Maul gehauen hätte, weil es immer noch Leute gibt, die auf Konzerten auch an leisen Stellen keine 20 Sekunden (!) mal ihre Fresse halten können, sondern alles lautstark zulabern (ich kapier das nicht), dann wäre ich zufrieden gewesen.