Comment by Caren.:
Ein Abend unter dem Motto „Hellnights“ Tour kann offensichtlich alle möglichen Stilrichtungen beinhalten, ein Kessel Buntes (na gut, eher Schwarzes) erwartete uns im Bett. Aber die Gemeinsamkeiten der Bands waren doch eher nur optisch festzustellen. Überhaupt hat diese Musikrichtung einen großen Bedarf, ihr Fan-Sein nach außen zu tragen, es gibt 2 große Merch-Stände auf BEIDEN Seiten des Konzertraumes. Auch viele Zuschauer haben ihre „I am undead“-Shirts oder farbige Kontaktlinsen ausgegraben, sich die Haare gefärbt und vor allem in den ewig gleichen Patchouli-Gestank-Eimer gegriffen. Auf Bandseite: Düstere Verkleidungen, dicke Stiefel, ein bißchen Halloween, Skelette, Zombies, Kerzen, Mönchskutten. Gerufen hatten eigentlich die Gothik-Rocker CHRISTIAN DEATH, Kult-Grufties der ersten Stunde. Den Anfang machte jedoch eine Dreierkombo namens NIM VIND. Ein Mix aus Ledermantel, Gesichtstattoo, Baseballcap und Muscleshirt – und wenn man nur die Musik hört statt hinzusehen ist das genauso verwirrend wie die Optik, denn es schallt uns reinster College-Pop-Punk mit cheesy Melodien entgegen. Hää? Wie passt das denn jetzt ins Programm. . . Nicht schlecht gespielt, aber es bleibt die Frage: why?
Weiter geht’s mit derselben kompletten Band (aha, deswegen!) mit zusätzlichen Leuten und anderer Musikrichtung unter dem Namen ARGYLE GOOLSBY (auch bekannt durch die US-Band BLITZKID), die gleich ganz anders um die Ecke kommen. Der extrem extrovertierte Sänger kriecht uns mit Zombieaugen, Vampirzähnen, Zottelumhang und staubigen Stiefeln entgegen, als wolle er alle auffressen oder zumindest vernaschen. Sofort klettert er den Lichtträger hoch, läuft durchs Publikum, infiziert die Mädels oder springt vom Amp übers Schlagzeug, um wiederum fauchend mit nacktem tätowierten Oberkörper vor uns auf den Knien zu liegen. Der Gitarrist (der vorher der Sänger war) trägt eine schwarze Totenschädelmaske und der Schlagzeuger einen OP-Mundschutz. Der Unterhaltungsfaktor steigt passend zum Rhythmus der Musik, mittlerweile sind wir eher beim Horror-Punk gelandet. Trotzdem melodisch und mit einer Prise Marilyn Manson. Gute Show.
Anschließend wird’s nochmal deutsch. Die Band THE OTHER gibt es schon viele Jahre, trotzdem wirken die Möchtegern-Misfits auf mich eher wie eine bessere Schülerband. Über zuwenig Showelemente kann man nicht klagen, es gibt wieder eine Menge Aufwand mit Verkleidungen und Deko auf der Bühne und anscheinend haben THE OTHER eine ganze Menge (weibliche) Fans im Gepäck, die noch nicht lange volljährig sein dürften. In der 1. Reihe stehen so einige Mitgröhlende. Leider kann man zu der Musik nicht mehr als „Bolzplatz-Metal“ sagen. Iron Maiden, Accept und Toten Hosen Fans, die eigentlich die Misfits sein wollen? Was war das denn. Nervige Mitgröl-„Oh-oooh-oh!“-Refrains wie auf dem Fußballplatz, primitive Texte der Nekroromantik, zum Teil sogar auf deutsch. Wir können nur noch verzweifelt mitmachen und drüber lachen. Nein, nicht noch ne Zugabe! Doch sogar der Sänger ARGYLE GOOLSBY schmeisst sich am Ende nochmal mit ans Mikro (und singt besser als der andere). Allerdings gehen einige Fans nach deren Auftritt nach hause und der Raum ist erstaunlicherweise leerer bei der Hauptband als vorher! Wtf.
Dementsprechend ruhiger verhält sich auch das Publikum, was wiederum CHRISTIAN DEATH sehr verwundert. „Hey, wake up!“ kommt so einige Male von Sänger Valor, der darüber ein paar Scherze macht, um passenderweise in den Hit „She never woke up“ einzustimmen. Zu dritt legen sie aber einen guten Sound hin (vielleicht ein wenig leise, aber mich störts nicht, guter Drumsound), spielen alte und neue Stücke, werden spärlich beleuchtet, strahlen echte Persönlichkeit aus und die Bassistin schießt natürlich in Sachen „sexy bitch“ mal wieder den Vogel ab. Ein extrem offenherziges Dekolleté lässt die Männer Handys zücken und desöfteren zeigt sie uns auch mal ihre backige Hinteransicht mit einem sehr knapp bemessenen Gürtel, äh, Rock ☺ Das ruft Verehrer auf den Plan, ein manischer Fan überreicht ihr mitten im Gesang einen kleinen vorbereiteten Strauß Rosen aus dem Bahnhofsautomaten. Das sorgt für Lacher im Publikum. Sie nimmt erstmal einen weiteren großen Schluck Rotwein. Die Stücke der neuen LP sind gar nicht schlecht, aber wir haben den Eindruck, dass am Ende doch ein paar der „Hits“ fehlen. Da ist eine einzige Zugabe vielleicht ein bißchen mager. Trotzdem ein Auftritt, der hängenbleibt, besonders da ich die Band noch nie vorher gesehen hatte.
Ein bunter Strauß an Kuriositäten an einem Mittwoch Abend.