Comment by Caren.:
So früh hat noch kein Konzert an einem Mittwoch angefangen, gegen 18:30 steht schon die erste Band auf der Bühne. THREE SEASONS aus Schweden spielen guten Bluesrock in klassischer Langhaar-Besetzung mit hübschem Bassisten, aber nicht in den Klischee-Blues-Strukturen, sondern mit angenehmer Solo-Gitarre, die sehr melodielastig ist und dadurch stellenweise den Gesang ersetzt, eher wie bei den früheren Deep Purple. Auch eine knallrote Hammondorgel ist dabei, soundtechnisch in ein gutes Licht gerückt. Angenehm & einfallsreich. Es ist ihr letzter Gig der gemeinsamen Tour.
Fliegender Wechsel nach nur wenigen Momenten Umbaupause, dann fliegt JEX THOTH aus den USA auf der Bühne ein (die ich schon länger mal sehen wollte). Zumindest die Sängerin macht jedoch so viel Aufhebens um ihre okkulte Person, dass sie ihren schwarzen Umhang theatralisch schwenkt, mehr Zeit auf Knien als auf den Füßen verbringt und passend zur Kerzenleuchter-mit-Geweih Deko auf den Amps gleich erstmal ohne Begrüßung ein Feuer in ihrer Hand entfacht und uns auszuräuchern versucht. Die Takte werden langsam, seeeehr langsam und bestehen meist aus wenigen Drumschlägen und langgezogenem Singsang. Aber im Vordergrund steht eigentlich nur die langhaarige Hohepriesterin, die gern als sexy Hexe im Fegefeuer verbrannt werden möchte und sich permanent am Rande typischer exorzistischer Austreibung verbiegt. Nicht dass die Musik schlecht wäre, falsch hört sie sich auch nicht an, aber sowas wirkt vielleicht eher in einem kleineren Rahmen, hier im großen Saal ein wenig unfreiwillig komisch. So richtig Doom oder böses Satanszeug ist das auch nicht, eher Psychedelia mit etwas Amon Düül. Was bleibt ist der Geruch nach Räucherstäbchen. Darauf brauchen wir erstmal ein Bier.
Viele im Publikum sind offensichtlich wegen den schwedischen TRUCKFIGHTERS gekommen, die Josh Homme von den Queens of the Stone Age schon mal als seine Lieblingsband bezeichnet hat. Und die geben ab der ersten Sekunde Vollgas: der Gitarrist zieht noch vor dem ersten „hallo“ sein Shirt aus und wirft es in die Menge. Der AC/DC Gedächtnis-Look mit kurzen schwarzen Hosen ist angesagt und schon nach 2 Minuten hat er gefühlte 5 km Wegstrecke zurückgelegt und 18 Luftsprünge mit kreuz & quer gegrätschten Beinen gemacht. Die Lieder sind um einiges schneller als die von Jex Thoth, daher nimmt die gute Laune auch im Publikum mächtig an Fahrt auf. Ebenso wie diverse Moshpits, die hier & da aufwirbeln. Nach den ersten Songs gibt es die Ansage, dass wir es heute mit einer „very special night“ zu tun hätten, zumindest für 2 der Anwesenden Gäste..., ja, es gibt tatsächlich einen Heiratsantrag auf der Bühne! Die Band hilft netterweise beim Einfädeln, der überraschte Bräutigam (im Truckfighters Fanshirt) darf zu seiner angehenden Gattin auf die Bühne, bekommt die Frage aller Fragen auf französisch gestellt und sagt natürlich „ja“. Riesenknutsch, Riesenjubel, nächster Song. Bombenstimmung für den Rest des Konzerts und es gibt Zugaben. Die Band kann ohnehin musikalisch den kompletten Abend als den ihren verbuchen.
Spätestens als nach der Umbaupause eine Ansagerin vor das riesige BLUES PILLS Banner tritt, um zu verkünden, dass der Rest des Abends leider nicht wie geplant verlaufen werde, da die Sängerin Elin Larsson soeben vom Arzt ein Auftrittsverbot bekommen habe und nicht singen dürfe. Tja. Die 3 Jungs möchten trotzdem unbedingt ein Instrumentalset für uns spielen, meistern dies auch mit Bravour, gekonnten Gitarrensoli & jeder Menge Applaus sowie knallbunter Lightshow, belassen es aber bei einer recht lauten halben Stunde incl. einer Zugabe. Ein paar Leute halten dies wohl für einen Aprilscherz, dem ist aber nicht so. Gerade diese Band lebt mindestens zur Hälfte vom Charisma des hübschen Wirbelwinds aus Örebro, auch wenn die anderen 3 ohne Zweifel sehr gute Musiker sind. So gehen doch am Ende einige Leute etwas geknickt nach hause, und hätte ich die BLUES PILLS nicht erst im Winter davor gesehen, wäre auch für mich ein Konzertende um 22:30 ziemlich enttäuschend gewesen. So aber kann man es relaxter sehen und eine frühe Bahn kriegen. Die TRUCKFIGHTERS haben diesen Abend eindeutig gewonnen.