Comment by Caren.:
Unter dem Women-of-the-World Motto steht der Auftritt der Frau Schmidt im Bad Homburger Kurtheater. Das lässt schon vom Namen her eine gewisse Spießigkeit vermuten und die trifft auch absolut zu. Egal, „schick“ muss man ja auch mal können. Vorher gibt’s nen Profi-1h-Schminktermin beim Mäc, das volle Register, dann aber ab durch den Regen im DesertMontainTribe-Shirt zur High Society über’s Weinfest ins Kurhaus, dort noch einen Aperol Spritz heruntergestürzt und dann wird auch schon zum mahnenden Einlass gegongt. Unsere Karten im Rang steigern gleich mal ihren Wert, da angesagt wird „es ist nicht so viel los, sie können alle weiter nach vorne gehen!“. Sogar in der 1. Reihe im Parkett ist noch was frei, aber wir bleiben lieber bei den Rabauken auf der letzten Bank, oben. Fotos machen und lästern geht dort besser. Wenn nur der Typ neben uns nicht permanent rhythmisch auf seine Beine schlagen würde, dass die ganze Sitzreihe wackelt. Ok, wenn er selber filmt, isses ruhig, dann geht’s.
Im Vorprogramm FEE aus Marburg, eine ach-so-nette studentische Liedermacherin im Lichtspot mit Akustik-Klampfe, ganz jung, mit Zopf & Turnschuhen, furchtbar harmlose Texte, nicht verträumt aber auch nicht sarkastisch, singt ein paar Lieder über die Liebe, DHL-Boten, oder die „Vergangenheit“ (als sie ihre alte Stadt verließ – das dürfte höchstens 2 Jahre her sein! *g*). Das tut keinem weh, sie verzaubert mit ihrem Lächeln sicherlich die ca. 70% Halbglatz-Opis im Publikum und sie kriegt immerhin ein paar Leute zum mitsingen. Respekt. Ich glaube sie fühlt sich ganz wohl auf der Bühne und ich hatte sie auch schon mal gesehen – auf der Sommerparty im Bett (ja, nein, nicht das). Damals fand ich sie auch schon zu langweilig, aber man kann ihr nichts übelnehmen, ist bestimmt ne ganz Nette. Die Musik hat für einige sicherlich eine Daseinsberechtigung, meine Sitznachbarin ist allerdings fast eingeschlafen.
Bei FEMME SCHMIDT wird’s dann gleich etwas theatralischer und auch lauter. Im langen schwarzen Abendkleid, Hochsteckfrisur und halsbrecherischen High-Heels wandert sie musikalisch in eine Art Adele-Ecke, hat den James-Bond-Song Einschlag und eine ganze Band hinter sich im Halbkreis. Sie möchte ein bisschen verrucht wirken, daher wird die Stilrichtung auch als "Pop-Noir" bezeichnet. Der Orgelspieler und der Gitarrist würden bestimmt lieber in einer härteren psychedelic-Rockband spielen, aber man nimmt was man kriegen kann. Die Musiker verstehen sich alle gut. Wir merken: FEMME SCHMIDT steht heimlich auf den Gitarristen *g*. Die Bühne ist frei für ein wenig dramatische Mikroständer-Akrobatik, ausgebreitete Arme, sich Hinhocken, Tanzen oder von einer Seite auf die andere Staksen. Der Rest wird durch viel Lichttechnik wettgemacht. FEMME SCHMIDT kann durchaus singen („wieso schickt die eigentlich keiner zum ESC?“), schreibt ihre Lieder mit Mitte 20 selbst, hatte mal ein Duett, das durch einen "Tatort" im TV bekannt wurde („Heart shaped gun“) und das sie nun allein performen muss, singt mal deutsch, mal englisch und zieht die Blicke in ihren Bann. Da gibt’s nichts zu meckern, das ist durchaus ansehnlich & hörbar. Braucht man aber auch nicht unbedingt ein 2. Mal. Der Auftritt hier ist der allerletzte der Tour, weshalb nach der PORTISHEAD-Zugabe (das Gitarrensolo war dabei besser als der Gesang, sorry!) beim gemeinschaftlichen Verneigen eine Kurhaus-Frau neben ihnen steht, die aus einem Präsentkorb noch kleine Geschenke an die Band überreichen möchte. Was es ist, wird für immer im Dunklen bleiben. Und in ebensolches gehen wir dann auch wieder zurück, nach FFM mit Bus&Bahn, endlich die unbequemen Schuhe ausziehen und runter mit der Schminke. :-)