Caren. 13th Jul 2024
| | Review1982, «Neue Deutsche Welle»-Zeit, scheiße, ist das wirklich schon 40 (!) Jahre her? Um Himmels Willen. Damals nannten die Jungs von DER MODERNE MAN (warum eigentlich mit nur einem N? Das hab ich nie hinterfragt) gleich ihr zweites Album «Unmodern». Und das heute 50-bis-60-jährige Publikum («um Himmels Willen 2.0») im Nachtleben in Frankfurt ist schlagartig wieder jung und fühlt sich buchstäblich wie 15. Damals war es mir eh gar nicht möglich gewesen, die Band irgendwo live zu sehen. Geschweige denn, dass ich sie überhaupt schon gekannt hätte. Irgendwie ist DER MODERNE MAN erst etwas später durch die Hintertür reingekrabbelt. Über irgendwelche NDW-Sampler oder Wiederveröffentlichungen, wenn man sich im Alter immer noch für skurrile 80er-Jahre-Songs im «Special Interest»-Plattenfach interessiert. Und ich glaube, es geht nicht nur mir so. Auch als die Band abfragt «Wer war denn vor 40 Jahren auf unserem Frankfurter Konzert?» erheben sich nur wenige Stimmen im Publikum à la «…war das nicht in Offenbach?» Es gibt Gedächtnislücken auf beiden Seiten. Egal. Erstmal n Bier drauf. Auch wenn die Location nicht gerade ausverkauft ist und die DEVO-Tribute-Band («DEVO-TION») als Support leider krankheitsbedingt ausfällt, sieht man doch so einige Leute, die sich nicht nur wegen der Corona-Verschiebung ziemlich euphorisch geben, DEN MODERNEN MAN jetzt endlich mal live zu erleben. Kultband-Reunion hin oder her. Manche kommen sogar extra aus München und anderen Gefilden, manche sind alte Bekannte der Band und werden namentlich begrüßt. Die Bühne und die Klamotten sind in viel Rot & schwarz getaucht, angelehnt an die Debüt Scheibe «80 Tage auf See» – der Slogan, der prima in «40 Jahre auf Tour» umgemünzt werden kann, auch wenn jahrzehntelang dazwischen so gut wie gar nichts passiert ist.
Der Sänger irritiert mich zuerst etwas, denn er sieht 1:1 so aus wie der Tatort-Kommissar Paul Brix, aber das kann natürlich nicht sein. Mit der Zeit wird er auch lockerer, schmeißt die Tarnjacke weg und verfällt in ein paar abgehackte Tanzschritte am Mikrofon. Der Bassist im Ringelshirt bleibt breitbeinig, der etwas in die Breite gegangene Gitarrist ackert sich den Arsch ab und beherrscht sein Rock’n’Roll-Instrument 1A. Ich bin ein wenig hin und her gerissen, ob mir jetzt die schrägeren elektronischen Töne in den Songs (wie auf Konserve) fehlen, oder ob ich mich umso mehr freue, dass das Ganze auch als ursprüngliche Rockband ohne Keyboard funktioniert. Vielleicht bin ich auch auf dem Holzweg und es ist schon immer so gewesen? Auf jeden Fall funktioniert es gut. Es gibt viel Jubelgeschrei unter den Leuten. Die Band kommt echt sympatisch rüber, umso mehr als sie 1x neu anfangen, weil sie einen Einsatz versemmelt haben. Ich erkenne doch recht viele Songs wieder, auch wenn ich persönlich die 2. Scheibe wesentlich öfter gehört habe als die 1. (vor allem wegen einer mega-Bonus-Tracks-Version von «Unmodern+», die man nur digital vor 10 Jahren kaufen konnte). «Der Sandmann» kommt zB schon relativ früh, «Blaue Matrosen» & «Anakonda» in der Mitte und der «Baggersee» im ersten Zugabenblock. Alles bunt gemischt also. Gegen Ende werden natürlich auch ein paar Songwünsche laut, allerdings das meist gerufene «Gurus und Geheimagenten» (von einem unermüdlichen Fan *g*) spielen sie nicht. Begründung: «das ist doch viel zu schwer!» Haha. Ok ok. Dafür grölen wir sie noch zu einem zweiten Zugabenblock raus und die Band ist ziemlich überrascht. «Dankeeee! Wir haben jetzt gar nix mehr! Daher müssen wir uns wiederholen, hier ist einfach nochmal «Blaue Matrosen».« Das ist damals schon einer der größten Hits gewesen, der mit stilisierten Parts aus «Ein Schiff wird kommen» ganz gut in den Hirnwindungen hängenbleibt. Der Sänger schmeißt sich auf die Bühne und «hat fertig». Ein echt cooler Abend, eine weitere Lücke der Vergangenheit geschlossen, begeisterte Gäste, Infos & Diskussionen mit Fremden & Freunden vor der Tür bei der Zigarette danach – was will man mehr?
Disco-Lied
Der Unbekannte
Nicht warten
Sandmann
Laut
Das Tier
Blaue Matrosen
Mitternacht
Anakonda
Licht und Dunkelheit
Dauerlauf
13
Telefonlied
Gib mir den Tod
Frau Krause
Baggersee
Vergesslichkeit
Blaue Matrosen
✔︎ Helpful Review? |