Caren. 14th Jul 2024
| | ReviewFABER, ein junger Schweizer, der zum ersten Mal in Frankfurt spielt, ist wahnsinnig erfreut, dass die Halle ausverkauft ist und er so viel Zuspruch bekommt – wäre er doch „mal eher hergekommen“. Aber gleich folgt der erste Seitenhieb an Frankfurt: „eure Stadt ist ja noch mehr snobby als bei uns in Zürich, cool“, sagt FABER mit einem Grinsen, als er ein bißchen von seinen Eindrücken am Tag erzählt und sich ein Glas Weißwein an die Seite stellt. Der Singer-Songwriter ist ein echter Senkrechtstarter, allerdings rollt er das Feld eher von hinten auf, ohne TV- oder Casting-Präsenz oder gar Mainstream, denn seine Texte sind schräger, immer einen Schlag derber als andere, manchmal sehr poetisch und manchmal ganz schön linksradikal. Vor wenigen Jahren durfte er mit SOPHIE HUNGER auf Reisen gehen. Seine aktuelle LP heißt wie die Tour „Sei ein Faber im Wind“, das sagt einem zwar nicht viel, die Textzeile aus dem Titelsong aber umso mehr: „Einer von uns beiden war ein Arschloch / und das warst du“. Soch. Weder steht er auf „Romantikscheiß“, noch auf „Brustbeinearschgesicht“ noch auf Nazischeiß („Besorgter Bürger, ich besorg’s dir auch gleich!“), da kotzt er gern mal etwas herum, um gleich im nächsten Moment doch nochmal die Kurve in Richtung schönerer Lyrik zu kratzen. „In Paris brennen Autos und in Zürich mein Kamin“... er mag nun mal die Gegensätze in Worten „Es ist 'n guter Tag. Der Himmel trägt sein bestes Grau und wir schauen den Leuten zu wie sie sich den Tag versauen.“ Und sowas bringt die Leute zum schmunzeln, zum mitsingen, zum schwelgen und zum tanzen. Denn auch musikalisch bringt er mit seiner ganzen Band streckenweise eine ziemliche Power auf die Bühne, die im Publikum immer wieder in hüpfenden Ausrastern eskaliert. Alles wechselt mehrmals hin und zurück von leisem Chanson zu heftigem Balkan-Beat. Generell sind die Leute super gut drauf (nicht nur weil Samstag ist) und sie sind erstaunlich textsicher. Mit Pauken und Posaunen, Cello und mehreren Gitarren wird da hantiert. Zwischendurch gibt’s immer mal einen Schluck aus dem Weißweinglas. FABER zelebriert das Leben. Auf dem E-Piano steht die obligatorische kleine zerknitterte Anarcho-Nachttischlampe mit seinem Namen drauf. Stimmlich kommen bei FABER immer wieder Parallelen zu AnnenMayKantereit in den Sinn, dieses rauhe, tiefe in der Stimme, das sich so schön im Gegenlicht bricht. Auf Ansage werden „erstmal gute, dann 2 weniger gute und am Schluss wieder richtig gute“ Songs gespielt. FABER mag den Dialog mit dem Publikum, stellt seine Mitspieler gern mal aus Jux mit wechselnden falschen Namen vor, kann auch ganz alleine Akustik-Sets spielen und muss vor allem wahnsinnig viele Zugaben geben. Die Begeisterung reißt nicht ab, mich hat der Abend auch erstaunlich mitgerissen, Hut ab, das hatte ich gar nicht so erwartet. Und gerade als jeder dachte, der Abend sei nun definitiv vorbei, schleicht sich die Band an der Seite nochmal im Dunkeln durchs Publikum und zwingt uns, alle in die Knie zu gehen. Sie stellen sich mit Klampfe, Posaune etc Rücken an Rücken in der Mitte des Raumes auf und fangen an, ohne Mikro den Partisanensong „Bella Ciao“ mit uns zusammen anzustimmen. Da FABER italienische Wurzeln hat, sind auch die Strophen für ihn kein Problem, für die meisten Fans allerdings schon, dafür ist der Mitgrölfaktor im Refrain umso extremer. Großes Kino. Und aufrichtige Verbundenheit macht sich breit, die die Leute selig in den noch sehr warmen Großstadtabend entlässt...
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