ReviewWas für eine positive Überraschung! Nicht nur dass der Jazzkeller in Hofheim eine prima Location ist, die man ganz easy mit der Bahn erreichen kann, auch die Konzerte dort sind sehr gut ausgesucht und nicht zu teuer. Die Vorgruppe ZEN TRIP mit richtig gutem OldSchool Psychedelic Rock war „extra 240 km aus dem Ruhrpott angereist“ (ja, sie haben es 3x wiederholt), hatte die Schlaghosen und Westen ausgepackt, den Hall aufs Mikro gelegt, die Haare wachsen lassen, die Gitarre im „very used“ look eingespielt und nen Orange-Amp mit leuchtendem Bandlogo ausgestattet. Auf dem Shirt der Hinweiser auf Heavy-Psych. Ja, passt. Ein Effektgerät ließ die Klampfe streckenweise parallel so klingen wie eine Hammond-Orgel, das war witzig. Der Basser mit dem Brusthaartoupé grinst in seinen Bart. Und Bandleader Bernd kann ganz Hendrix-like überm Kopp spielen, oder mit der Bierflasche auf den Saiten, oder kniend am Boden. Die Nebelmaschine stößt alle Nase lang dichte Rauschwaden aus und die Jungs in der 1. Reihe vor der Bühne machen es ihr nach. Es rrrrrriecht so gut. . . GLASGOW COMA SCALE sind etwas technischer ausgestattet, spielen aber ebenfalls nur zu dritt und machen Postrock im reinsten Sinne. Der Name stammt aus der Krankheits-Bezeichnung einer Bewusstseinsstörung, die Band stammt aus Frankfurt. Bombastische Sounds im Wechsel mit leisen athmosphärischen Tönen stehen denen von GOD IS AN ASTRONAUT oder TIDES FROM NEBULA in nichts nach. Dazu eine schicke Lightshow mit Filmsequenzen oder Abstraktem strahlt mit dem Drummer um die Wette, der auch ab & zu mal ein paar Soundschnipsel aus dem Computer einstreut. Die Leute vor der Bühne kommen extrem in Wallung und der Zuspruch ist großartig. Männer liegen sich in den Armen, machen Ausdruckstanz oder werfen gemeinsam ihre Haare nach vorn. Es wird extrem viel gejohlt und applaudiert. Schon bei der Vorgruppe ZEN TRIP wurde nach Zugaben gerufen (die auch erfolgten), aber die GLASGOW COMA SCALE wird gar nicht wieder von der Bühne gelassen. Da ist es nicht nur der momentanen Karnevalszeit zuzuschreiben, dass die Leute „einer geht noch, einer passt noch rein“ singen. Die Jungs sind einfach sehr sehr gut! Eine kleine Überraschung. Auch für die Band selbst, die gar nicht aus dem Bedanken und Schulterklopfen/Abklatschen wieder rauskommt. Der heutige Tag ist der Auftritt zur Debüt-LP (vorher gab es nur eine EP), die ganz druckfrisch ist und schick in orangenem Vinyl daherkommt. Die Produktion der Scheibe hängt allerdings etwas hinter den Livequalitäten hinterher und klingt mir etwas zu glattgebügelt. Da ist die EP besser gelungen. Live sind GLASGOW COMA SCALE großes Kino! Wenn die nicht bald im Vorprogramm bekannterer Postrockbands wie MOGWAI spielen dürfen, weiß ich auch nicht, da steckt definitiv Potential drin...!