Caren. 13th Jul 2024
| | ReviewIch treffe rechtzeitig ein und draußen beim obligatorischen Vorglüh-Getränk aus dem Bahnhofs-Rossmann den Fotografenkollegen Micha, der mir erzählt, dass er heute sehr pünktlich ins Kesselhaus rein muss, da die Vorgruppe so toll sein soll. Man kann sich ob des neutralen Vornamens nur munkelnderweise drauf einigen, ob uns Männlein oder Weiblein erwartet... es war letzteres. Und die blonde Langhaarschönheit hat einen außergewöhnlichen Soloauftritt mit einem custom made Cello, welches aussieht wie ein stilisiertes Skelett eines Urzeittieres. Auf jeden Fall irgendwas mit Knochen. An diesem Gerät loopt und fidelt und ächzt und trommelt und singt JO QUAIL ganz vorzüglich, indem alles mit diversen Fußmaschinen miteinander und gegeneinander gekoppelt wird. Mal was ganz eigenes, mit Enthusiasmus, Publikumsansprache und wallender Mähne, sie freut sich sehr, dass die Leute ihr so zuhören und darf auch später nochmal mit MONO zusammen etwas spielen.
Dann wird es etwas lauter, härter und futuristischer. A STORM OF LIGHT entern vor großer Videoleinwand die Bühne und ich wundere mich noch, dass sie gleich von einigen so extrem bejubelt werden. Die sind anscheinend wegen dieser Band gekommen und das wundert mich dann später auch überhaupt nicht mehr! Mich zieht es zur Fotopositions-Abwechslung nach ganz vorne auf die andere Seite, da es mal wieder sehr dunkel ist im Kesselhaus. Allein die Muster des Videos zeichnen sich auf dem Gesicht des glatzköpfigen Sängers ab, während es aus dem Publikum Song-Wünsche hagelt und die Matten geschwungen werden. Ich würde die Musik von A STORM OF LIGHT eher im Bereich Metal einordnen, allerdings schlau konstruiert und mit einem sehr düsteren Touch, besonders durch die Stimme. Das ganze hat wirklich Power und kann mich mitreißen, daher beschließe ich eine CD zu kaufen, die den Song, der am meisten gerufen wird, beinhaltet. Als ich den Song in der Woche drauf in mein DJ-Set im Feinstaub integriere, kommt auch gleich jemand zu mir ans Pult und fragt, wer das ist. Wir stellten dann fest, dass wir auf demselben Konzert gewesen sind und er mit einem „siehste, siehste!“ zu seinem Tischkumpanen zurückkehrt. Gute Supportband-Entdeckung! Ich glaube, die haben noch einige Fans mehr dazugewonnen.
Die japanischen MONO sind ein Phänomen des Zusammenspiels - und sie werden immer besser. Vor 10 Jahren habe ich sie zuletzt im Nachtleben FFM gesehen und da war es auch schon so, dass man sich keine Songstrukturen merken konnte, aber sie erzeugen eine sehr spannende Atmosphäre. Manchmal spielen sie so gefühlvoll und leise, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte, aber nur um im nächsten Moment die Leute zu schocken - dann preschen sie in einer ohrenbetäubenden Lautstärke los, dass man das gesamte Publikum aufschrecken und zusammenzucken sieht. Bäm! Und die Band lässt sich dabei nichts anmerken. Sie hocken mit im Gesicht hängenden Haaren fast regungslos auf ihren Plätzen und grinsen wahrscheinlich heimlich in sich hinein. Einzig der Gitarrist geht stellenweise ziemlich ab und schleudert auch mal sein Instrument in die Höhe, was leider wegen der Dunkelheit nicht gut fotografisch abgebildet werden kann. Das Kesselhaus ist mittlerweile richtig voll, da MONO sich live relativ rar gemacht haben in unseren Gefilden. Nun haben sie allerdings eine neue Doppel-LP mitgebracht, die sogar von Steve Albini produziert ist. Brachial und zart zugleich.
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