Caren. 19th Nov 2024
| | ReviewUnd schon wieder eine Legende aus dem hiesigen „Time-Tunnel“: THE TUBES in (fast) Originalbesetzung der 70er auf ihrer Pulp-Tour. Pulp Fiction ist wohl u.a. damit gemeint, denn gleich zu Anfang werden „You never can tell“ und „Jungle Boogie“ aus dem gleichnamigen Film in den Mix eingebaut. Dazu passt auch noch „Monkey time“ und Sänger FEE WAYBILL kommt gleich in seinem ersten Kostüm (es sollten an diesem Abend noch eine ganze Reihe werden) einem Nadelstreifenanzug mit Panamahut auf die Bühne. Zugegeben: beim 1. Song denke ich noch „jooa, ganz schön alt geworden, die Jungs“, was aber im Laufe des Gigs zum Glück wiederlegt werden kann. Diese Zitrone hat noch Saft. Die Gitarre (ROGER STEEN) ist gnadenlos gut, legt einige Soli aufs Parkett (ein Hang zum schnellen Blues ist nicht von der Hand zu weisen) und bildet mit dem Basser im gestreiften Ramones Shirt (RICK ANDERSON) eine gute Einheit. Der voluminöse Mann an der Orgel (DAVID MEDD) übernimmt alle hohen Background-Singparts und so einige Instrumentalpassagen sind auch dabei, so dass FEE des öfteren mal in den Backstageraum flitzen kann, um sich umzuziehen. Das zweite Mal kommt er mit einem bunten Pillenkarton über dem Kopf wieder und erzählt uns was von der amerikanischen Pharmaindustrie, die extra neue Krankheiten erfindet, die es ohne das amerikanische Werbefernsehen gar nicht geben würde. Auch eine Zwangsjacke mit Rabenmaske kommt bei ihm zum Einsatz, ein Marlon Brando Kostüm, eine SM-Maske („Mondo Bondage“) oder ein komplettes Cowboy-Outfit („say you like it, you just saw „Brokeback Mountain“, right?“) für das Lied „The man who shot Liberty Valance“, inklusive puschelig fellbesetzten Chaps, Zylinder und roten Lackschuhen. Musikalisch wird so einiges ausgegraben, auf und vor der Bühne haben alle viel Spaß miteinander. Und Bier. Das Bett ist brechend voll und die TUBES spielen so lange, dass sie keinen Support brauchen. Einige Leute rufen nach Songs, aber die werden gern mit „later, later!“ abgewunken. Ich vermisse so Kracher wie „Out of the business“ oder „Theme Park“. Desöfteren werden die Anfangstöne von „She’s a beauty“ auf dem Keyboard angespielt, aber klarer Höhepunkt ist natürlich erstmal die „White Punks on Dope“ Hymne, die die TUBES so berühmt gemacht haben (bevor NINA HAGEN ein „Ich glotz’ TV“ daraus gemacht hat), dazu gibt es die Umwandlung zur Drogen-Dragqueen Kultfigur „QUAY“, mit dessen Buchstaben-Brille FEE auf die Bühne stakst, gestützt vom Roadie, um den Hals eine schwarze Federboa, auf dem Kopf die blonde Lockenmähne und vor allem in übertrieben meterhohen silbernen High-Heel-Plateauschuhen, Glitzerweste und silberner hautenger Stretch-Hose – das muss man sich erstmal trauen. Auf der Bühne wird gescherzt, vor der Bühne abgefeiert. Ein großer Spaß mit Schnapsflasche in der Hose. Eigentlich kann man den gesamten Auftritt in die Kategorie einordnen ☺ Natürlich gibt’s noch ein paar Zugaben, auch wieder mit anderen Klamotten, UND „She’s a beauty“ ist auch dabei, mit einem tonsicheren Gesang, selbst in den hohen Lagen. Beim Rausgehen blickt man in einige dankbare Gesichter vorwiegend männlicher Besucher, die ihre Helden von damals vielleicht das einzige Mal erleben durften. Und das so publikumsnah. So häufig wird einem das schließlich nicht geboten. Großes Kino.
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