45worlds
Live Music



Live Music - Latest Reviews

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Aus dem Kapitel „Bands, die es in den 60ern gab und irgendwie immer noch cool sind“ spielte die US Combo lockere 40 Jahre später halt mal im Frankfurter Nachtleben. Mittlerweile Opas geworden, die von ihren Enkeln komplett ahnungslos gefragt werden „Du Opa, was ist das für ein Instrument da auf dem Dachboden? Hast du früher mal in einer Band gespielt?“ konnten die Standells das natürlich locker mit "ja" beantworten, belustigt auf der Bühne erzählen und nochmal die Beatklamotten auspacken, für die sie berühmt geworden sind (zB die Titelmelodie für die „Adams-Family“). Absolut kultig. Eine eingeschworene 60ies-Gemeinde gibt es dafür wohl in jeder größeren Stadt. Nette kleine volle Tanzveranstaltung.

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Der „Reverend“ kommt ohne Beichtstuhl, dafür aber an einem Sonntag mit nem alten Fender Rhodes und seinem Schlagzeuger mitten aus der Prairie geritten, wo es ne Menge Schlangen, Whiskey und Sandstürme gibt. Vielleicht wohnt er auch normalerweise im Titty Twister, dicht an der mexikanischen Grenze. Und wir haben Vollmond! Auf jeden Fall sind die Klamotten von JAMES LEG schwarz wie seine Seele, aus der eine dreckige Blues-Quelle entspringt, er schwingt seine langen Haare wie Tumbleweed in der Gegend herum, verausgabt sich sehr, sieht älter aus als er ist (nicht nur, weil er sich bereits eine kleine Tonsur am Hinterkopf aus den Haaren geschleudert hat, die -je verschwitzter der Kopf- immer sichtbarer wird), ist ständig in Bewegung, stemmt sich mit seinem ganzen Gewicht in die Tasten und versorgt uns mit einem Reibeisen-Büffet aus Tito & Tarantula, Motörhead und Tom Waits. Er selbst nennt gern mal Screaming Jay Hawkins als Referenz. Souliger, aber sandiger Rock’n’Roll, Blues, Punk, Boogie und alles Mögliche dazwischen. Das ist mal etwas anderes. Auf jeden Fall unterhaltsam, auch mal leidenschaftlicher, langsamer und am Schluß covert er auch noch „A forest“ von The Cure. Da ist wirklich alles drin. Als die Leute immer weiter nach Zugaben rufen, kramen die beiden on top noch ein Rolling-Stones-Stück aus dem Sattel und dürfen dann ein kühles Bier zischen. Well done!

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Mein letzter Sommer in Lübeck durfte nochmal gekrönt werden von einem guten Festival in ungewöhnlicher Location. Headliner waren DAVID BOWIE & PRODIGY. Ein kleiner alter Flugplatz wurde zur Verfügung gestellt, der kurz vor der Renovierung für Ryan-Air stand (und auf dem genau 10 Jahre zuvor Uwe Barschel abgestürzt war - und als einziger überlebte).
2 Freundinnen (darunter eine der größten Bowie-Fans unter der Sonne) hatten auf dem Festival einen Essensstand, somit hatten wir „Access all areas“ Karten – wie praktisch! Das ganze Areal war allerdings sehr ungeschützt in der prallen Sonne, die ungewöhnlicherweise an diesem Tag herunterbretzelte wie nix Gutes. 
Nachmittags starteten BE (sie hatten einen kleinen MTV-Hit mit „Black rain“) mit Alexander von den TEENS (!) am Bass, danach die Briten APOLLO 440 (die mit „Ain’t talkin’ bout Dub“ in die PRODIGY Richtung passten), gefolgt von FLUKE. 
Anschließend dominierten die brettharten Töne der Endneunziger: HELMET („In the meantime“) standen kurz vor ihrer Auflösung, KORN (in den typischen Trainingsanzügen) wiederum wurden zu der Zeit als das next big thing gehandelt und legten mit ein paar eingestreuten schottischen Folk-Elementen ordentlich los, um den Weg für NEW MODEL ARMY zu bahnen, die schon etwas länger im Geschäft waren und immer eine große Fanbase mobilisieren konnten. 
Zwischendurch nutzten wir zu viert die Gelegenheit, um in den Backstagebereich zu gehen, wo gerade Korn gegen Rage Against the Machine gegeneinander Fußball spielten und ne Menge Spaß hatten. Dort gab es wenigstens ein paar Sitzgelegenheiten für uns. Nach der kleinen Aufwärmphase für RAGE AGAINST THE MACHINE, die auf voller Höhe ihrer Popularität waren, konnten anschließend ordentlich abrocken. Da stieg der Tanzstaub auf dem Platz in die Luft wie nichts Gutes. Mittlerweile war es dunkel geworden und THE PRODIGY standen als nächstes auf der Liste. Die Leute drängelten sich bis ganz nach hinten, der Sound war extrem laut. Der „Firestarter“ hatte als Single in dem Sommer gerade extrem gezündet, die LP dazu kam erst Ende des Monats raus, bestimmt haben sie sich live aber schon an diversen Tracks bedient, das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen.

Als krönender Abschluss sorgte dann DAVID BOWIE für Stimmung, sein Album „Earthling“ hatte ungewöhnlich viele Elektrobeats zu bieten, mal Drum & Bass, mal Härteres, sogar Trent Reznor hatte seine Finger im Spiel. Ein optisches Highlight dabei war die Gestaltung der Bühne und der Klamotten in weiß, sogar riesige weiße Gummibälle wurden ins Publikum geworfen, die ein schönes Bild abgaben, als sie über den Leuten tanzten. Bowie’s neue Frau Iman stand dekorativ & begeistert am Bühnenrand (er selbst war Anfang des Jahres 50 geworden), herausragend war die Performance der Bassistin Gail Ann Dorsey, die auch bei einigen Songs mitsang.
Playlist:
• Quicksand • V-2 Schneider • Battle for Britain • White Light/White Heat (Velvet Underground cover) • I'm Afraid of Americans • Seven Years in Tibet • Fashion • The Motel • Looking for Satellites • Telling Lies • Under Pressure • Hallo Spaceboy • The Jean Genie • Queen Bitch • Scary Monsters (And Super Creeps) • O Superman (Laurie Anderson Cover) • All the Young Dudes • Fame • Stay • Little Wonder
Anschließend wieder im Backstage-Bereich gab es dann sogar noch eine kleine Begegnung mit Meister Bowie himself, der frischgeduscht & parfümiert am Buffet auf seine Frau wartete. Eigentlich wollten wir ihn nicht stören, aber meine Freundin D. konnte es sich doch nicht verkneifen, in Ermangelung eines Zettels oder Tonträgers eine Frage zu stellen: „Do you sign money??“. Da musste Mr. Jones dann doch lachen, tat es aber brav auf einem 10DM-Schein und alle waren happy.

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Ein letztes Mal BIRTH OF JOY, da muss ich natürlich hin! Traurig, dass es die Band im nächsten Jahr nicht mehr geben wird, denn sie lösen sich nach über 10 Jahren auf, um mal eigene Wege zu gehen – jedoch gehen sie nicht im Streit. Die 3 Holländer verstehen sich blind auf der Bühne, kennen sich schon aus der „Herman Brood“-Musikschule, gründeten dort ihre Band, sind seitdem ständig zusammen auf Tour und gehören live zum Vitalsten, was es im Rockbusiness gibt, ich durfte sie jetzt schon mehrmals aus nächster Nähe erleben – Psychedelic Rock, Blues’n’Boogie, 60ies/70ies-Style. Diesmal lasse ich mir dann auch die neue LP von allen unterschreiben (danke an einen Kumpel für’s Fragen, ich bin ja zu schüchtern *g). Zum ersten Mal sah ich einen Auftritt im Rockpalast und bin seitdem Fan. Der Sound setzt sich zusammen aus ner Rock-Gitarre mit hübschem Frontman-Schuckelchen, der auch gerne mal ins Publikum springt und die Leute animiert - egal wie voll oder leer der Laden ist, Schlagzeug (der Drummer ist ein sockfußspielendes Genie, ich hoffe, er gründet eine weitere tolle Band!) und fetter Hammond-Orgel mit ganz vielen Aufklebern und nem alten Leslie-Verstärker mit dem „Hubschraubereffekt“. Der Bass wird wie bei den DOORS vom Keyboarder übernommen. Manchmal werden die Songs recht lang und groovy ausgewalzt, manchmal entwickeln sie sich zu rollenden Tanzeinlagen und machmal bricht plötzlich der Punk aus ihnen heraus. Das alles ist sehr stimmig, macht gute Laune und ist am Ende schweißtreibend, so dass das Shirt des Drummers (dessen Schlagzeug vorne an der Bühne aufgebaut ist) schnell in die Ecke fliegt. Es gibt 2x Zugaben und jede Menge Dank. Auf eine Vorband wird verzichtet, so können alle noch ins weitere Wochenende starten. Wie der Orgelspieler startet, ist spätestens klar, nachdem ihm jemand aus dem Publikum ein wenig „gerollte Rauchware“ beim Spielen der Zugabe auf den Holm legt, die er sich gleich sicherheitshalber hinters Ohr klemmt ;-) Holländer halt. Jungs, ich werde Euch vermissen.

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MONKEY3 - Postrockgötter aus der Schweiz - gibt es nun schon ein paar Jahre, ein Livegig ist mir bisher aber verwehrt geblieben, da er meist in anderen Städten stattgefunden hat (und vor 5 Jahren kannte ich sie noch nicht). Aber sie haben eine rrrrrrichtig gute neue Scheibe abgeliefert, die diesmal sogar als Doppel-Vinyl daherkommt. Und die wird immens abgefeiert. Zwischenzeitlich sieht man das Logo des Covers auf der Bühne 4 x gleichzeitig - zusätzlich zum bewegten Videohintergrund ist nicht nur die Bassdrum damit bestückt, sondern sie haben sich auch 2 leuchtende Displays zugelegt, die die Bühne mit ihrem runden Logo bestrahlen.
Ich stehe in der 1. Reihe am Rand vor den Boxen (leider ohne Kamera, daher sind die Bilder diesmal nur aus ihrem Video geklaut und verfremdet). Der drahtige Bassist steht direkt vor meiner Nase, mit seinen Leopard-Chucks macht er ständig weite Ausfallschritte (ähnlich wie der Keyboarder) und Metal-Götterposen. Überhaupt tanzt er eher beim Spielen über die Bühne. Die Haare vom Keyboarder hängen fast permanent auf den Tasten, und wenn er seinen Kopf mal hebt, bläst er vulkanartige Dampfstöße in Richtung Decke, spielt manchmal einhändig weiter, damit er weiter an seiner Dampfmaschine ziehen und extreme Nebelschwaden produzieren kann. Überhaupt brauchen MONKEY3 keine Nebelmaschine, das machen Keys & Gitarre von selbst. Wenn ein Stück zuende ist (das ist nicht immer so klar, da es jede Menge Zwischenapplaus gibt), hebt der Keyboarder gern mal beide Arme zur Rockstarpose, damit wir alle wissen, wo der Applaus einsetzen kann. Und davon gibt es viel.
Ein transparentes Drumset, spacige und hypnotische Videos von Planeten, Landschaften und strahlenförmigen Bewegungen im All saugen uns in die endlosen Sphären hinein, und am liebsten möchte man die Band permanent im Wohnzimmer stehen haben, um sich den ganzen Tag von ihnen einlullen zu lassen. Mal soft, mal hart und der Sound im Nachtleben ist richtig gut & laut.
Bei der Zugabe werden Sachen wie „Suuuper!“ - „ja, super!“, „Dankeee!“ - oder „lauter!“ gerufen. Als sie zum zweiten Mal verschwinden und der Applaus immer noch nicht enden will, sieht man 2x eine Bierflasche aus der Backstagetür winken, um zu testen, ob die Leute auf Bewegungsversuche nochmal klatschen. Tun sie. Somit kann man sie sogar zu einem zweiten Zugabenset überreden. Mit diesem Abschluss-Song-Brett gibts dann aber keine Fragen mehr, da wird sogar das Gitarrensolo mit dem Mund gespielt. Überhaupt klingt der Gitarrist in der Jeansjacke manchmal wie David Gilmour. Wohlig warm möchte man eigentlich gar kein Ende finden - der Gig dauert ja auch schon 2 Stunden.
Zwischendrin gibt der aufmerksame Bassist meinem Nebenmann in der 1. Reihe ein Zeichen, dass er sein T-Shirt super findet, weil ELDER drauf steht.
Der Dame an der Box gegenüber von mir steht eigentlich durchgehend die Kinnlade offen. Der jüngste Fan ist gerade mal 7 Jahre alt und zieht mit großer Parade-Verabschiedung und einer MONKEY3 Tasche an Papis Hand von dannen.
Ingo kann den Auftritt gar nicht fassen und „muß das erstmal sacken lassen“. Mehr kann man einfach nicht dazu sagen, wir sind alle von soviel Großartigkeit geplättet. Postrockbands können eben auch ohne Gesang einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Und das hier war verdammt groß... ein Dankesgruß fliegt hinüber in die Schweiz. Nochmal, nochmal!

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1982, «Neue Deutsche Welle»-Zeit, scheiße, ist das wirklich schon 40 (!) Jahre her? Um Himmels Willen. Damals nannten die Jungs von DER MODERNE MAN (warum eigentlich mit nur einem N? Das hab ich nie hinterfragt) gleich ihr zweites Album «Unmodern». Und das heute 50-bis-60-jährige Publikum («um Himmels Willen 2.0») im Nachtleben in Frankfurt ist schlagartig wieder jung und fühlt sich buchstäblich wie 15. Damals war es mir eh gar nicht möglich gewesen, die Band irgendwo live zu sehen. Geschweige denn, dass ich sie überhaupt schon gekannt hätte. Irgendwie ist DER MODERNE MAN erst etwas später durch die Hintertür reingekrabbelt. Über irgendwelche NDW-Sampler oder Wiederveröffentlichungen, wenn man sich im Alter immer noch für skurrile 80er-Jahre-Songs im «Special Interest»-Plattenfach interessiert. Und ich glaube, es geht nicht nur mir so. Auch als die Band abfragt «Wer war denn vor 40 Jahren auf unserem Frankfurter Konzert?» erheben sich nur wenige Stimmen im Publikum à la «…war das nicht in Offenbach?» Es gibt Gedächtnislücken auf beiden Seiten. Egal. Erstmal n Bier drauf. Auch wenn die Location nicht gerade ausverkauft ist und die DEVO-Tribute-Band («DEVO-TION») als Support leider krankheitsbedingt ausfällt, sieht man doch so einige Leute, die sich nicht nur wegen der Corona-Verschiebung ziemlich euphorisch geben, DEN MODERNEN MAN jetzt endlich mal live zu erleben. Kultband-Reunion hin oder her. Manche kommen sogar extra aus München und anderen Gefilden, manche sind alte Bekannte der Band und werden namentlich begrüßt. Die Bühne und die Klamotten sind in viel Rot & schwarz getaucht, angelehnt an die Debüt Scheibe «80 Tage auf See» – der Slogan, der prima in «40 Jahre auf Tour» umgemünzt werden kann, auch wenn jahrzehntelang dazwischen so gut wie gar nichts passiert ist.
Der Sänger irritiert mich zuerst etwas, denn er sieht 1:1 so aus wie der Tatort-Kommissar Paul Brix, aber das kann natürlich nicht sein. Mit der Zeit wird er auch lockerer, schmeißt die Tarnjacke weg und verfällt in ein paar abgehackte Tanzschritte am Mikrofon. Der Bassist im Ringelshirt bleibt breitbeinig, der etwas in die Breite gegangene Gitarrist ackert sich den Arsch ab und beherrscht sein Rock’n’Roll-Instrument 1A. Ich bin ein wenig hin und her gerissen, ob mir jetzt die schrägeren elektronischen Töne in den Songs (wie auf Konserve) fehlen, oder ob ich mich umso mehr freue, dass das Ganze auch als ursprüngliche Rockband ohne Keyboard funktioniert. Vielleicht bin ich auch auf dem Holzweg und es ist schon immer so gewesen? Auf jeden Fall funktioniert es gut. Es gibt viel Jubelgeschrei unter den Leuten. Die Band kommt echt sympatisch rüber, umso mehr als sie 1x neu anfangen, weil sie einen Einsatz versemmelt haben. Ich erkenne doch recht viele Songs wieder, auch wenn ich persönlich die 2. Scheibe wesentlich öfter gehört habe als die 1. (vor allem wegen einer mega-Bonus-Tracks-Version von «Unmodern+», die man nur digital vor 10 Jahren kaufen konnte). «Der Sandmann» kommt zB schon relativ früh, «Blaue Matrosen» & «Anakonda» in der Mitte und der «Baggersee» im ersten Zugabenblock. Alles bunt gemischt also. Gegen Ende werden natürlich auch ein paar Songwünsche laut, allerdings das meist gerufene «Gurus und Geheimagenten» (von einem unermüdlichen Fan *g*) spielen sie nicht. Begründung: «das ist doch viel zu schwer!» Haha. Ok ok. Dafür grölen wir sie noch zu einem zweiten Zugabenblock raus und die Band ist ziemlich überrascht. «Dankeeee! Wir haben jetzt gar nix mehr! Daher müssen wir uns wiederholen, hier ist einfach nochmal «Blaue Matrosen».« Das ist damals schon einer der größten Hits gewesen, der mit stilisierten Parts aus «Ein Schiff wird kommen» ganz gut in den Hirnwindungen hängenbleibt. Der Sänger schmeißt sich auf die Bühne und «hat fertig». Ein echt cooler Abend, eine weitere Lücke der Vergangenheit geschlossen, begeisterte Gäste, Infos & Diskussionen mit Fremden & Freunden vor der Tür bei der Zigarette danach – was will man mehr?

Disco-Lied
Der Unbekannte
Nicht warten
Sandmann
Laut
Das Tier
Blaue Matrosen
Mitternacht
Anakonda
Licht und Dunkelheit
Dauerlauf
13
Telefonlied
Gib mir den Tod
Frau Krause
Baggersee
Vergesslichkeit
Blaue Matrosen

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ÖSTRO 430 sind wieder da. Und die Coronakrise macht es über Umwege möglich, dass sie sogar nach Frankfurt kommen, bevor (!) sie den Reunion-Gig in ihrer Heimatstadt Düsseldorf geben können. Aber frei nach ihrem eigenen Motto «Keine Krise kann mich schocken» legt die ehemalige Punk/Wave/NDW-Frauenpower-Band der beginnenden 80er Jahre - im nur luftig gefüllten aber recht heißen Nachtleben ohne Klimaanlage - gut gelaunt aber auch mit der gewissen Prise Knarzigkeit los. Sängerin Martina und Keyboarderin Bettina gehören zum Gründungs-Ensemble, die barfüßige Bassistin Anja ist zwar neu, aber eine Weggefährtin; und die junge Schlagzeugerin existierte damals zu Erfolgszeiten der Band maximal in anderen Aggregatszuständen im Sack ihres Vaters. Wenn überhaupt. Dass Martina mittlerweile schon lange in Hamburg wohnt, soll man ihr durch leicht übertriebenen nordischen Slang wohl gern mal anhören. Die Mädels haben eh immer schon gemacht, was sie wollten, verfügen über eine gute Prise derben Humors und haben gern «den Spieß umgedreht», besonders in Bezug auf die versaute Männerwelt, denn Frauen können das schließlich auch. Daher entstanden solche Hits wie «Sexueller Notstand» (der auch im Radio mal verboten wurde) oder «Sei lieb» oder oder oder. Im Umfeld des Ratinger Hofs in Düsseldorf und unter vielen Bandbekanntschaften wie zB Fehlfarben kam das Rotzige eh gut an. Wir werden auch heute noch gut unterhalten, die Sängerin erzählt uns einige Hintergründe der Songs und spätestens als sich eine Frau im Publikum ganz nach vorne stellt und ein selbstgemaltes Banner ausrollt (ich kann es leider nicht lesen), gibt es auf der Bühne am Mikro vor Überraschung kein Halten mehr: «RUTH-CHEN!! Das gibt’s ja nicht!» Und die Erklärung folgt auf dem Fuße: «wir haben vor 40 Jahren in einer WG zusammen gewohnt! Was machst du denn hier? Lass uns nachher mal quatschen, ich bin grad auf Arbeit…!» :-) Und dann erzählt sie uns noch die Nachbarschafts-Anekdote, dass der ÖSTRO-Song «Das quietschende Bett» nur wegen Ruth damals entstanden ist («Sie woll'n mich in die Klapse schicken, denn mein Bett das quietscht beim Ficken») - haha, voll 80er, wie überhaupt so einige Titel der Band über «Dallas», «Plastikwelt», «Triebtäter», Teenies oder Meerschweinchen, die in jede noch so kleine Wohnung passen. ÖSTRO 430 haben keine Gitarre auf der Bühne, dafür genügend Tasteninstrumente, manchmal ein Saxophon oder Akkordeon am Start oder sie spielen einen Coversong mit 2 (!) Bässen. «Hey, Spinal Tap spielen diesen Song sogar mit DREI Bässen!!». Auf jeden Fall kann man am heutigen Abend ne Menge grinsen. Und am Ende kann man sogar noch was gewinnen, es wird ein Brettspiel zum Thema Musikbranche verlost, das von der Ikone Xao Seffcheque persönlich gestaltet wurde, dem ein Sampler beiliegt, der lauter 80er-Jahre-Bands nachahmt. Meine Stehnachbarin bekommt das Teil durch Losverfahren, die Band signiert und wir werden es bestimmt mal zusammen spielen. :-)
Eine erfrischende Retro-Reise in die 80er! Eigentlich hätte man ne Altbierbowle, ne Grüne Wiese oder ein Tablett 0,1 Cola/Asbach dazu trinken sollen. Den weiteren Abend noch mit uns im Backstage-Abschluss-Wochenende zu verbringen («ich leg auch was von euch auf!») Kommen sie leider nicht mehr nach. Vielleicht war es im Nachhinein auch besser so, denn dort grassierte an dem WE bekanntlich das böse C-Wort. Die haben sich bestimmt noch noch einiges mit Ruth-chen zu erzählen gehabt ;-)

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BÄM! Da war es also, das erste große „nach“-Corona-Konzert für mich. Und leck mich am Arsch, was für ein Brett!! Zwei Jahre hatten wir jetzt schon die Tickets in der Schublade, denn 2020 haben für mich persönlich die VILLAGERS OF IOANNINA CITY (aus Griechenland) den Preis des besten Albums des Jahres abgeräumt. Ich würde sogar behaupten, sie halten die Platzierung immer noch. Auch wenn es viele gute Mitstreiter in den letzten Jahren auf der ultimativen-Stonerrock-Psych-Haareschüttel-Tanzfläche gibt (wie die ebenfalls großartigen King Buffalo oder oder oder), die „Age of Aquarius“ LP der VILLAGERS OF IOANNINA CITY hatte für mich den Vogel abgeschossen. So vielschichtig, powervoll und übergreifend in mehrere Genres macht das kaum jemand. Hier und da Elektroniksprenkel oder auch -Teppiche eingeflochten, unterschiedliche Rhythmen, sogar tanzbar, meist hart mal zart, immer psychedelisch mit viel Drive, und dann benutzen sie auch noch zusätzlich altertümliche traditionelle Instrumente (ähnlich einer Schalmei und einem Dudelsack), die das Ganze sehr besonders macht, sich aber trotzdem gut einfügt und nicht nervt. Hinzu kommt ein phantastischer Sänger der Extraklasse. Der kann mit einer warmen Stimme Töne rauspowern und lange Töne halten, dass es schon beim 1. Song Zwischenapplaus gibt. Die Leute im Publikum sind aber auch ausgehungert, das merkt man irgendwie, die freuen sich so und bewegen sich wieder und lachen sich an und gehen respektvoll miteinander um, dass man möglichst nicht aneinanderstößt und sich Platz macht, obwohl das Kesselhaus knüppelvoll und ausverkauft ist. Die VILLAGERS hatten sogar noch kurzfristig gestern ein Zusatzkonzert im gleichen Saal angesetzt, weil auch die eigentlich angekündigte Vorgruppe am heutigen Tag leider nicht konnte, dafür aber gestern.
Heute kommen wir dadurch spontan in den Genuss der Frankfurter Instrumental-Postrocker GLASGOW COMA SCALE als Support-Ersatz („yes!“), die sich sowieso seit Jahren in meinem Freundeskreis befinden und mit ihrem letzten Werk ebenfalls einen richtig guten professionellen Brocken abgeliefert haben. Sie fangen überpünktlich um 19:30 an und können sicherlich auch einige neue Fans dazu gewinnen. Der Applaus ist jedenfalls ordentlich. Wieder mit Begleitung einer bewegten Videoinstallation mit Bildern von Naturgewalten der Elemente. Das passt immer sehr schön zur Stimmung, gerade weil ihre Gitarrenklänge elegischer und wabernder sind, bevor sie wieder in Powerpassagen übergehen. Abschließend noch ein paar warme Worte vom Bandleader, wie gut es tut, endlich wieder Konzerte geben zu können - mit entsprechendem Zuspruch von uns allen.
Nach der kl. Umbaupause dann die VILLAGERS OF IOANNINA CITY. Die Griechen dürfen noch etwas lauter starten und haben mehr Leute in der Band (dafür ungewöhnlich wenig Langhaarige, das hatte ich mir optisch etwas anders vorgestellt, hihi). Der Schlagzeuger sitzt seitlich und spielt mit Kopfhörern. Der Bärtige greift ab und zu zum Dudelsack. Der Sänger streut dann die Klänge der griechischen Klarinette ein und versucht sich zeitweise in kurzen Ansagen mit Thema Peace & Love & Space, Hoffnung & Zusammenhalt, was aber irgendwie ein wenig „niedlich“ wirkt, da er mit der englischen Sprache etwas unbeholfen ist und es nicht so ganz zum musikalischen Metal-Kontext passt. Aber er versprüht eben gern etwas hippie-esk Positives.
Die Lightshow ist konventioneller, die riesige Göttinnen(oder Aquarius?)-Illustration prangt permanent hinter ihnen und die Licht-Dom-Säulen aus Rot oder Blau mit ein wenig Strobo reichen völlig aus, um die Sound-Gewalt zu unterstützen. Ich habe schon lange nicht mehr so viel getanzt in den 2 Jahren, aber es ging nicht anders (obwohl ich momentan mit Wirbelsäulen-Dauerschmerz leben muss - vielleicht wars das wert, selbst wenn es das letzte Mal gewesen sein sollte)…
Ein wirklich sehr ergreifendes Konzert. Besonders habe ich mich über den Titelsong-Opener gefreut, sowie über das lange „Cosmic Soul“ und beim vorerst letzten Song des Sets war ich doch schwer gerührt von der Stimmung und der Melodie und einfach davon, dass das doch alles noch gar nicht wieder wahr sein kann, dass ich ein wenig in meine Maske weinen musste. Zugaben gabs dann aber auch noch. Und das obligatorische „Band-fotografiert-das-Publikum“-Foto und ein paar Herzchen & Handshakes. (Wir waren übrigens mit unserer Runde fast die einzigen im ganzen Saal, die permanent Maske trugen - leider ein kleiner Wermutstropfen.)
Draußen beim Abkühl-Plausch lernt man dann auch noch lustige Gleichgesinnte aus dem Ruhrgebiet kennen, von denen man optisch gar nicht vermutet hätte, dass sie in der Musik genauso tief & vielfältig schürfen und diese so wertschätzen, dass sie in der ganzen Republik herumreisen, um Abende wie diesen endlich wieder zu erleben. (Auch wenn der Typ dachte, die Vorband wäre MONKEY3 aus Köln - 2 Fehler in einem Satz, hahaha - gewesen, wir haben ihn eines Besseren belehrt.)
Großartiger Konzertabend. Punkt.

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Vorhang auf, die FLESHTONES sind mal wieder im Lande! Seit den 70ern machen sie ja gefühlte 300 Auftritte jedes Jahr weltweit *g*, aber ich hatte sie bisher immer verpasst, oopsi... soll nicht wieder vorkommen. Schon beim Ankommen der Band vor der Tür des Ono2 gibt es ein großes "Hallo!", persönliches Begrüßen (viele kennen sich) und ein lautstarkes, an den sonnenbebrillten Sänger gerichtetes "Hey, BRYAN FERRY! I love your music!" inklusive allgemeinem Gelächter, das Eis ist natürlich sofort gebrochen und die gute Laune hält den ganzen Abend an. Drinnen herrschen Saunatemperaturen, sowas hab ich noch nicht erlebt. Der einzige Standventilator für den ganzen Raum ist bei der Menge an Leuten absolut überfordert an so einem heißen Tag. Doch das tut dem Bewegungsdrang der Band (ein Support ist nicht nötig) und dem Bewegungszwang des Publikums keinen Abbruch. Irgendwann ist eh alles egal. Wir werden ständig genötigt, uns alle zusammen im Kreis herumzudrehen, gern mit erhobenem Arm auf dem Kopp ;-) - anscheinend ein Running Gag - während die Bandmitglieder in Glitzerschuhen von der Bühne springen, ins Publikum & wieder zurück flitzen, mit den Gästen anstoßen (gerne Weißwein), sich verbiegen, gestikulieren oder verkleiden. Großes Kino. Und in Hinsicht auf deren Alter (der Drummer ist schon 70!) eine echte Glanzleistung, aber da kommt halt die absolute Professionalität durch, die machen das schließlich fast jeden Tag. Es werden in den ersten Reihen die Hände der Mädels geschüttelt, sich geherzt oder Männern im Vorbeischliddern auf die Glatze geknutscht. Und es muss 2x eine kurze Pause gemacht werden, um draußen ein wenig Luft schnappen zu können und Getränkenachschub zu holen. Auch musikalisch ist ein kunterbunter Querschnitt der Garage-Rock-Beatmusik garantiert. Vom Fifties-Liebeslied bis zum Voodoo- oder Nostradamus-Songtitel (mit schwarz-rotem Vampirkragenumhang), alles dabei. Dabei fasziniert es, wie der Frontmann gleichzeitig singt und Mundharmonika spielt, oder auch mal grinsend in die Keyboardtasten greift. Very entertaining. Die geforderten Zugaben bleiben natürlich auch nicht aus, aber dann geht's für alle ab nach draußen, um die klitschnassen Klamotten auszuwringen und bei einem Abschlussgetränk sowie diversen Musikgesprächen trocknen zu lassen, bevor man wieder auf dem Rad durch die Nacht nach hause eiern kann. Viele stehen noch auf ein Schwätzchen zusammen, auch mit der Band, während DJ Sven Ghouly drinnen seine passenden Vinylscheiben beim gefühlten 8. Wein extrem aufdreht, damit noch genügend Druck nach außen dringt. FLESHTONES Frontmann Peter Zaremba schwingt sich dafür nochmal in seinen schwarzen Umhang, der Drummer berichtet vom tagsüber erledigten Touristen-Stelldichein der Band und dass er früher als Kind (aufgrund deutscher Wurzeln) schon desöfteren Sauerkraut vorgesetzt bekam, welches er mittlerweile aber sehr gern mag und sich heute Nachmittag gleich das volle kulinarische Programm (mit Eisbein) einverleibt hat, außerdem wäre es ja ein ungemeiner Vorteil, dass man hier "draußen ungeniert trinken" darf. Ich glaub, die Band hat sich einfach nen schönen Sommertag gemacht. Uns ebenfalls, und sie kommen bestimmt wieder. Man sieht sich immer zweimal... :-)

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Wo fängt man an und wo hört man auf? Das kann nach satten 4 Stunden (!!!) Spielzeit wahrscheinlich keiner mehr beantworten. Ist aber auch egal. Wo der Bernd auftritt, wächst kein noch so graues Haar mehr, man versinkt in herzlichem Gruppenschmunzeln. Der Abend lässt sich aufteilen in:

1.) Bernd hat noch den kompletten Anzug an. Die Frisur sitzt. Der Laden ist ausverkauft.
2.) Bernd kommt in Fahrt, mit 2 Gitarren.
3.) Bernd erfüllt Liederwünsche. Alle.
4.) Bernd zieht schon mal die Anzugjacke aus und verausgabt sich total. Die Weste bleibt an.
5.) Bernd erzählt eine Menge Anekdoten zwischen den Songs und macht Frage- und Antwortspielchen. Natürlich müssen auch die Publikums-Einsätze z.B. bei «Judith, mach deinen Abschluss» - sicher ist sicher - sitzen.
6.) Bernd macht ne Pause und spielt seine Punk-Playlist vom Band.
7.) Bernd holt lokale Gäste (Chansonsängerin Eva Machui) auf die Bühne. Man kennt sich seit Jahrzehnten. Liebe füllt den Raum. Bernd wünscht sich, dass sie das schönste Liebeslied ever vielleicht doch hätten üben sollen. Das Duett «Wenn wir Glück haben» wird natürlich groß bejubelt und auch hier wird fleißig mitgesummt und über Seitenhiebe gelacht, aber ein Handkuss muß am Ende reichen, auch wenn der Abend im eigentlichen Sinne des Liedes als Paar «zusammen» oder wenigstens «am Strand» enden sollte. Unbeholfen süß und sehr charmant, wie alles.
8.) Bernd hat Bock. Die Frisur ist hinüber, die Krawatte hängt.
9.) Bernd kommt, um sich zu beschweren (über sabbelnde Gäste und um gleichnamiges Lied zu singen, und um die heruntergefallenen Getränke im Publikum aufwischen zu lassen).
10.) Bernd will ein Bier (es ist schließlich Wochenende und der Laden ist so nett). Es folgt eine sofort servierte Verkostung mit Glaabsbräu aus dem Glas.
11.) Bernd holt weitere Geschichten und Liederwünsche nach. Seine Playlist ist nicht umsonst einen ganzen Quadratmeter groß.
12.) Die Bar macht Umsatz.
13.) Bernd packt süffisant lächelnd sein Glitzer-Mikro aus.
14.) Bernd hat immer noch Bock und fängt an, Karaoke zu singen. Alle schwelgen & grölen bei «Delilah» & Co. mit.
15.) Bernd iniziiert eine Engtanzparty (wollte er immer schon mal machen).
16.) Bernd findet kein Ende.
17.) Die Lachmuskeln sind halb tot. Die Gäste müssen ihren Bus kriegen.
18.) Alle kommen nächstes Mal wieder.

Wer nie dabei war, kann es nicht beurteilen. Kult. Jedes Mal. :-)

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Ein Abend unter dem Motto „Hellnights“ Tour kann offensichtlich alle möglichen Stilrichtungen beinhalten, ein Kessel Buntes (na gut, eher Schwarzes) erwartete uns im Bett. Aber die Gemeinsamkeiten der Bands waren doch eher nur optisch festzustellen. Überhaupt hat diese Musikrichtung einen großen Bedarf, ihr Fan-Sein nach außen zu tragen, es gibt 2 große Merch-Stände auf BEIDEN Seiten des Konzertraumes. Auch viele Zuschauer haben ihre „I am undead“-Shirts oder farbige Kontaktlinsen ausgegraben, sich die Haare gefärbt und vor allem in den ewig gleichen Patchouli-Gestank-Eimer gegriffen. Auf Bandseite: Düstere Verkleidungen, dicke Stiefel, ein bißchen Halloween, Skelette, Zombies, Kerzen, Mönchskutten. Gerufen hatten eigentlich die Gothik-Rocker CHRISTIAN DEATH, Kult-Grufties der ersten Stunde. Den Anfang machte jedoch eine Dreierkombo namens NIM VIND. Ein Mix aus Ledermantel, Gesichtstattoo, Baseballcap und Muscleshirt – und wenn man nur die Musik hört statt hinzusehen ist das genauso verwirrend wie die Optik, denn es schallt uns reinster College-Pop-Punk mit cheesy Melodien entgegen. Hää? Wie passt das denn jetzt ins Programm. . . Nicht schlecht gespielt, aber es bleibt die Frage: why? 
Weiter geht’s mit derselben kompletten Band (aha, deswegen!) mit zusätzlichen Leuten und anderer Musikrichtung unter dem Namen ARGYLE GOOLSBY (auch bekannt durch die US-Band BLITZKID), die gleich ganz anders um die Ecke kommen. Der extrem extrovertierte Sänger kriecht uns mit Zombieaugen, Vampirzähnen, Zottelumhang und staubigen Stiefeln entgegen, als wolle er alle auffressen oder zumindest vernaschen. Sofort klettert er den Lichtträger hoch, läuft durchs Publikum, infiziert die Mädels oder springt vom Amp übers Schlagzeug, um wiederum fauchend mit nacktem tätowierten Oberkörper vor uns auf den Knien zu liegen. Der Gitarrist (der vorher der Sänger war) trägt eine schwarze Totenschädelmaske und der Schlagzeuger einen OP-Mundschutz. Der Unterhaltungsfaktor steigt passend zum Rhythmus der Musik, mittlerweile sind wir eher beim Horror-Punk gelandet. Trotzdem melodisch und mit einer Prise Marilyn Manson. Gute Show.
Anschließend wird’s nochmal deutsch. Die Band THE OTHER gibt es schon viele Jahre, trotzdem wirken die Möchtegern-Misfits auf mich eher wie eine bessere Schülerband. Über zuwenig Showelemente kann man nicht klagen, es gibt wieder eine Menge Aufwand mit Verkleidungen und Deko auf der Bühne und anscheinend haben THE OTHER eine ganze Menge (weibliche) Fans im Gepäck, die noch nicht lange volljährig sein dürften. In der 1. Reihe stehen so einige Mitgröhlende. Leider kann man zu der Musik nicht mehr als „Bolzplatz-Metal“ sagen. Iron Maiden, Accept und Toten Hosen Fans, die eigentlich die Misfits sein wollen? Was war das denn. Nervige Mitgröl-„Oh-oooh-oh!“-Refrains wie auf dem Fußballplatz, primitive Texte der Nekroromantik, zum Teil sogar auf deutsch. Wir können nur noch verzweifelt mitmachen und drüber lachen. Nein, nicht noch ne Zugabe! Doch sogar der Sänger ARGYLE GOOLSBY schmeisst sich am Ende nochmal mit ans Mikro (und singt besser als der andere). Allerdings gehen einige Fans nach deren Auftritt nach hause und der Raum ist erstaunlicherweise leerer bei der Hauptband als vorher! Wtf. 
Dementsprechend ruhiger verhält sich auch das Publikum, was wiederum CHRISTIAN DEATH sehr verwundert. „Hey, wake up!“ kommt so einige Male von Sänger Valor, der darüber ein paar Scherze macht, um passenderweise in den Hit „She never woke up“ einzustimmen. Zu dritt legen sie aber einen guten Sound hin (vielleicht ein wenig leise, aber mich störts nicht, guter Drumsound), spielen alte und neue Stücke, werden spärlich beleuchtet, strahlen echte Persönlichkeit aus und die Bassistin schießt natürlich in Sachen „sexy bitch“ mal wieder den Vogel ab. Ein extrem offenherziges Dekolleté lässt die Männer Handys zücken und desöfteren zeigt sie uns auch mal ihre backige Hinteransicht mit einem sehr knapp bemessenen Gürtel, äh, Rock ☺ Das ruft Verehrer auf den Plan, ein manischer Fan überreicht ihr mitten im Gesang einen kleinen vorbereiteten Strauß Rosen aus dem Bahnhofsautomaten. Das sorgt für Lacher im Publikum. Sie nimmt erstmal einen weiteren großen Schluck Rotwein. Die Stücke der neuen LP sind gar nicht schlecht, aber wir haben den Eindruck, dass am Ende doch ein paar der „Hits“ fehlen. Da ist eine einzige Zugabe vielleicht ein bißchen mager. Trotzdem ein Auftritt, der hängenbleibt, besonders da ich die Band noch nie vorher gesehen hatte. 
Ein bunter Strauß an Kuriositäten an einem Mittwoch Abend.

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In der herbstlichen Reihe der Psychedelic Konzerte findet sich auch der aktuelle Auftritt der BLUES PILLS, die jungen schwedischen Senkrechtstarter der Szene, dessen Konzerte der Tour in diversen Städten dieses Mal in größere Hallen verlegt werden mussten oder komplett ausverkauft sind, so auch hier. Heute das letzte Konzert ihrer Deutschlandtour. Ich selbst habe bisher nur den Namen gehört und das bunte Vinyl bestaunt, daher betrete ich Neuland an der Bluestablettenfront.

Für einen Sonntagabend viel Programm: 4 Bands tummeln sich nacheinander in der Batschkapp. So starten WEDGE aus Berlin noch vor 20:00 Uhr. Zu dritt um den Frontmann von MAGNIFICENT BROTHERHOOD mit „Geschichtslehrer-Look“ rocken und gniedeln sie ihre angejazzten Rock-Tunes auf Gitarre, Orgel und Drums. Und das sehr ordentlich und flott. Leider dürfen sie nicht so lang spielen, denn THE ARKANES warten schon in der Schlange. Der Frontmann legt mir persönlich zu viel Metal-Attitüde an den Start und die Musik ist ein wenig „weder Fisch noch Fleisch“, ein bißchen mehr Hardrock als WEDGE, aber auch mehr Mainstream, weniger Blues oder Psychedelia. Ein Lied sticht für mich heraus, das mehr Atmosphäre atmen darf. Den Jungs auf der Bühne gefällt allerdings Frankfurt so sehr, dass sie auch hier am Ende ein Publikumsfoto machen, das sie sogar als Titelbild auf ihrer Facebookseite benutzen. Nett. 

Viele Zuschauer warten schon auf VINTAGE CARAVAN aus Island, die noch eine größere Schippe an Metal drauflegen. Hier haben wir es schon fast mit (sehr jungen) BLACK SABBATH zu tun, der Stil & Rhythmus erinnert manchmal sehr an „Paranoid“, hat aber auch durchaus genügend rollende Bluesrock-Anleihen. Sie sind gutgelaunt und von sich selbst begeistert, posen hier und da und der kleine quirlige Frontmann hat eindeutig die längsten Haare des Abends. Sie werden ihre Fans finden. Überhaupt kann man im Publikum viele Leute mit unterschiedlichsten Metalshirts beobachten. Und wir werden schon wieder fotografiert.

Den Frisurenpreis für die schönsten Locken bekommt aber heute der Bassist der BLUES PILLS. Die blonde schwedische Sängerin hat einige Zeit in den USA verbracht, um kalifornisches Musikfeeling zu adaptieren, trägt heute ein knallrotes langärmliges 60ies-Minikleid, wie immer keine Schuhe und ist sehr gutgelaunt und bei Stimme. Sie tanzt viel am Mikroständer oder schwingt den Schellenkranz, den sie vielleicht öfter in Richtung Mikro halten sollte. Die Band ist aus mehreren Ländern zusammengestellt. Erst letztes Jahr musste der knapp volljährige französische Gitarrist (Typ: Robbie Krieger) noch kurz die Tour für seine Abiprüfung unterbrechen. Den Leuten gefällt die Musik, es gibt auch nichts auszusetzen, viel Wah-Wah, minimales Drumkit mit maxi Action, die Stimme ist sehr angenehm, nicht zu krächzend Janis-like, sondern eher warm und kraftvoll röhrend. Es gibt vergleichsweise wenig langsame Blues-Standards, eher tanzbaren Vintage-Rock zum Haareschütteln, die BLUES PILLEN sind also welche von der Marke „Aufputschmittel“. Da geht in Zukunft noch einiges, wenn sich die Musikrichtung nicht zu schnell auf Hochtouren totläuft. Well done, boys & girls.

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Voll ist’s im Bett. An der Bühnen-Hinterwand prangt das Motto „Up in Smoke“. Passend dazu kommt die Nebelmaschine mehr als ein paarmal zum Einsatz. Kurz nach 8 hat bereits das erste der 3 Stoner-Trios des Abends MIDNIGHT GHOST TRAIN (aus den USA) angefangen, die Bettwäsche aufzuschütteln. Drei sehr behaarte Vollrocker mit mächtig Enthusiasmus machen ne Menge Lärm, der musikalisch in die Desert-Rock (à la Kyuss) Ecke geht, allerdings stimmlich von einem Metal-Growler garniert wird, der sich meiner Meinung nach eine ganze Apfelsine in den Mund stecken könnte - jedenfalls seiner Grimassen beim Singen nach zu urteilen. Unterhaltsam & sehr beweglich.

Als RADIO MOSCOW (ebenfalls USA) auf die Bühne kommen, wird eher der Geist der 70er ausgepackt. Ebenfalls ein langhaariges Trio zelebriert den alten Black Sabbath Sound & Rhythmus mit mehr Wah-Wah als die Band vorher. Aber auch ein wenig mehr Blues’n’Boogie ist angesagt, den Sänger könnte man akustisch mit dem von UFO vergleichen. Ein aktuelles Plattencover mit Psycho-Pilzen verschmilzt das Ganze zum Psychedelic-Rock. Nicht ohne Grund werden RADIO MOSCOW in einer der nächsten „Rockpalast“ Aufzeichnungen gefeatured. Sie haben’s einfach drauf. Runde Sache.

Als COLOUR HAZE aus München den Abend abschließen, wird’s heftig laut. Insgesamt stehen eine Menge Amps auf der Bühne. Das große Banner wird abgehängt, um den Projektionen an der Wand mit der Schwurbelmaschine für Bubbledias & grafische Muster Platz zu machen. Der Sänger stellt fest, dass sie schon 12 Jahre nicht mehr in Frankfurt aufgetreten sind. Na dann aber los! Dafür gibt es nun fast zweieinhalb Stunden ein ekstatisches Stoner-/Psychedelic-Vollbrett auf die Ohren, Stöpsel sind ratsam. Wenig Gesang und schnelle Rhythmen mit gut differenziertem Sound wabern durchs Bett und bringen die Leute zum jubeln. Der Bassist wirkt optisch wie ein braver deutscher Englisch-Lehrer, dafür wirbelt der Gitarrist & Sänger umso mehr mit seiner Lockenmähne umher und bedient manche seiner Pedale & Knöpfe nur mit dem großen Zeh! Barfuß ist er die ganze Zeit über. Sein „Stoned from the Underground“-Shirt macht das Motto des Abends nochmals deutlich, einige im Publikum haben das sicherlich wörtlich genommen. Zugaben kommen schnell, da es schon spät ist. Ein größerer Merch-Stand als sonst füttert am Ende die Fans mit zahlreichen Platten & Shirts von allen Beteiligten. Da bleibt kein Wunsch offen. Höchstens der nach Leuten, die sich nicht ständig dazwischendrängeln, um dann völlig respektlos & lauthals alle leiseren (und lauteren) Musikpassagen mit ihrem unnötigen Geschwätz zu übertönen. Wäre toll. Danke. Peace.

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THE HEAVY sind natürlich keine Metalband, sondern haben den richtigen Dancegroove in der Hose, obwohl sie sich als Indierockband bezeichnen. Erfrischend anders. Ohne Bläsersektion (zum Glück), dafür mit mehr Gitarren, weiblichem Background, Orgel und einem Black Soul Sänger Frontmann in roten Socken & NuSoul/Ska-Hut, der ab der ersten Sekunde die Leute bespaßt, zu jedem Lied was zu erzählen hat, ständig mit seinen 2 silbernen Handmikros im 50ies-Style rumturnt und dem Publikum vor fast jedem Song Anweisungen gibt, was sie zu singen haben „every time I point to the sky, you say: „UP!!“ etc.pp. Er hat sofort die Massen im Griff. Und ich muss sagen, ich hab noch nie auf einem Konzert so viele Leute extrem hoch & durcheinander hüpfen sehen. Besonders in Refrains steigen massenhaft überall kleine „Bouncing-Raketen“ aus dem Publikum auf. Über der Bühne hängt ein großes Fledermaus-Banner mit dem Bandschriftzug, fast ein wenig Tarantino-Style, 7 Leute davor und einer macht Sport, so dass es schon extrem auffällt, dass er der einzige ist, dem die weiße Unterhose ständig rausblitzt, weil die schwarzen Klamotten halt ein wenig über der Plautze spannen. Aber der Spaß und die Leidenschaft steht ihm auf der Stirn geschrieben. Er spaßt herum, oder verarscht die Leute mit „schade, dass es jetzt unser letztes Lied ist“, um Reaktionen herauszukitzeln, so das die Ansagen immer zu den nächsten Songtiteln passen. Manches ein wenig mit „hihihi-uncorrectness“, zB beim politischen against-Trump-Mitsingschlager „What the fuck“ (der es leider nicht auf die LP geschafft hat, wie er erzählt) oder bei „Miss California“ als er grinsend davon schwärmt „imagine a nice landscape where you can smoke weed all day long from now on“. Er ist begeistert vom zahlreichen Frankfurter Publikum, die sehr extrem und textsicher mitgehen. Dass das kein Spruch ist, den er überall bringt, nimmt man ihm sogar ab. Gestern waren sie in München, das war in seinen Worten wohl eher so najaaaaa ;-) Aber Frankfurt geht irgendwie immer extrem ab, daher kommen sie gerne wieder. Eigentlich sollten THE HEAVY schon im Juni hier spielen, aber da hatten sie eine kurzfristige Gelegenheit, als Support der DIXIE CHICKS mit auf Tour zu gehen (Hallo? Die Dixie Chicks?? Wie passt das denn jetzt zusammen?), daher wurde das Konzert auf heute verlegt. Im Sommer wäre das ganz schön heiß geworden. Der Sound ist Batschkapp-typisch leider mal wieder nicht sehr ideal, zu sehr kracht und scheppert es in den Höhen, wenn zu viel aufeinandertrifft. Mittlerweile glaube ich, dass der Sound etwas bratziger von vornherein auf Leute abgestimmt ist, die Stöpsel tragen, dann wird’s nämlich angenehmer herausgefiltert und ist besser. Natürlich fehlen auch die Hits aus Film und Fernsehen nicht. „How you like me now“ und vor allem „What makes a good man“ bilden den knackig funkigen Abschluss. Kurz und knackig auch die Spielzeit von exakt eineinhalb Stunden. Eine Vorband gibt es nicht und man hat es wegen Bauarbeiten gerade mal rechtzeitig zur Kapp geschafft, denn Start war schon um 19:45. So kann man tatsächlich noch den Abend zum einkaufen nutzen. Igitt, wie spießig. ☺ Aber war mal was anderes.

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So würde es wohl aussehen, wenn Peter Frankenfeld und Mike Krüger gemeinsam in einer Band spielen..., der eine am Bass und der andere am Schlagzeug *g*. Natürlich denkt man bei dem Namen DR. FEELGOOD eh gleich an die 70er und man summt im Kopf ein „they got him on milk and alkohoool!“ mit. ‚Musik für alte Männer’ ist erstmal auch mein erster Eindruck, wenn man sich das Publikum so anguckt, aber da kann man sich ja gern mal drauf einlassen. Bier dürfte gut weggehen heute. Die Besetzung auf der Bühne hat schon an jedem Instrument im Laufe der Jahre x-mal gewechselt, jedoch den Spirit haben DR. FEELGOOD nicht verloren. Routiniert reißen sie ihren Soundcheck in 10 Minuten runter und brauchen auch keine Vorband. Das musikalische Programm besteht aus viel Rhythmus im Blut, Blues’n’Boogie und allem was rockt, rollt & mitwippt. Sänger Robert Kane ist recht quirlig unterhaltsam in seinen Bewegungen, was ihn zum dankbaren Fotoobjekt werden lässt. Gitarrist Steve Walwyn ist ebenfalls gut drauf, aber kann seine langsamen Blues-Riffs so richtig schön im Gesicht mitleiden. Allerdings scheint er etwas schwerhörig zu sein, sonst hätte er seinen Amp nicht so dermaßen aufgedreht, dass sich der Gesang vorne an der Bühne kaum noch durchsetzen kann und vieles mit Gitarrengebrat übertönt, wenn man in Richtung des abstrahlenden Amps steht. Schade. Gleich als dritter Song setzt dann auch schon „Milk & alkohol“ ein, worüber sich viele wundern („Ich dachte, das kommt erst als Zugabe“), im Laufe der Show reißen sie aber doch noch so einige andere Hits runter, so dass das Gesamtpaket sehr stimmig wirkt. Besonders gut gefällt mir die Version von „Riot in Cell Block #9“. Es gibt natürlich auch so Rock’n’Roll Klassiker wie „See you later alligator“, manchmal wird noch eine Mundharmonika mit ausgepackt, die Schweiß-Handtücher geschwungen und ein paar Faxen machen sie sowieso alle. Applaus gibt es auffällig viel, sogar 2x werden DR. FEELGOOD wieder aus dem Backstageraum gegrölt, um noch mehr Zugaben zu geben. Ich staune über richtig gut gelaunte Fans im Feelgood-Shirt über der Bierplautze, die nicht nur bei „Tequlia“ abgehen und alles mitsingen können. Man kann sich durchaus als Fan verschiedenster Musikrichtungen mal auf solche Musik einlassen & mitgrooven, das tut keinem weh. Ok, man bekommt vielleicht auch auf größeren Stadtfesten ähnliches für umsonst geboten, jedoch zählt hier wohl der Name, und die Qualität, keine Frage! Ein guter Auftritt, auch wenn mittlerweile kein einziges Originalmitglied mehr an Bord ist. Der Gedanke, der sich aus dem Nichts mir den ganzen Abend über aufdrängt ist trotzdem ein leicht melancholischer: Scheiße, ich vermisse HERMAN BROOD so sehr!!! ☹ Er hätte noch ein wenig mehr Charisma gehabt.

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Ein gepflegter Winterabend im Bett FFM. Es ist gut gefüllt, aber nicht zu extrem. THURSTON MOORE ist gut drauf, gesprächig und schon backstage relaxed, eine Vorgruppe gibt es heute nicht. „Thanks for joining us, I noticed there’s an important football game, tonight.“ Spricht’s anerkennend und legt los mit lautem aber angenehmem Sound, einzig erste Feedback-Beschwerden kommen von ihm persönlich - auch wenn er dafür eigentlich bekannt sei, meint er und muss doch irgendwie lachen. Am Bass ein weiblich androgynes Gesicht (Debbie Googe von MY BLOODY VALENTINE), die wir in der Konstellation bereits im Sommer beim Maifeld Derby gesehen haben, der alte SONIC YOUTH Bandkumpan Steve Shelley ist auch dabei, optisch (aber NUR optisch) ein wenig in die Schiene „Tanzmucker mit leichtem Down-Syndrom“ gerutscht. Tschuldigung, man wird halt nicht jünger ;-) „We’re drinking tea, cause it’s NO-vember and we’re an english band.“ Ach so. Hm... Und die Location muss auch noch gelobt werden: „Good DJ, by the way! Which was THE FALL song you played 20 minutes before we got on stage?“ – die Antwort aus dem Publikum folgt auf dem Fuße („Mountain energy“). Ja, er nimmt doch so einiges wahr, der Herr Moore und bedankt sich. Er verzichtet heute außerdem auf seine Sonnenbrille, denn irgendwie ist es ihm sogar etwas zu dunkel. „It’s rather dark, can we have some more sun on stage? I like some sun on stage.“ Ach, deswegen. Irgendwie ein sonniges Gemüt, gar nicht der grantelnde schräge Indie-Snob, wie man vielleicht manchmal vermuten möchte. Die übliche herausgewachsene Frisur (ungewaschen) ist natürlich wie immer, er trägt ein weißes Hemd mit Jeans und Kreuz um den Hals. Die Gitarre muss natürlich so abgeschrabbelt wie möglich sein. Die Musikauswahl ist gut, nicht zu viele laute tanzbare Sachen (auf dem Open Air im Sommer stand neben mir ein permanent headbangender Typ mit geschlossenen Augen, der hätte diesmal nicht so viel Gelegenheit dazu gehabt), sondern viel Experimentelles, langgezogene Töne und auch mal leises Gefrickel auf den End-Saiten, ganz allein in die Stille hinein. Irgendwie entspannt. Natürlich ist auch einiges tanzbar & laut und zum Haare-schlendern. Auch die Band ist nicht gerade unbeweglich. Dazwischen immer wieder lange Stimm-Pausen und die Konversation mit dem Publikum über so einiges wie zB die Biografie von Sammy Davis Jr. „rather thick, but good gags, every page is entertaining!“. Nach knappen 2 Stunden Soloprogramm (ich glaub er hat nichts von SONIC YOUTH gespielt, bin mir aber nicht sicher, korrigiert mich, weil ich nicht alles kenne, und seine eigenen Sachen sind mir namentlich leider erst recht nicht geläufig). Shame on me. Aber es ist alles prima. Zugaben und Wünsche aus dem Publikum gibt es on top: „Can you play xy?“, „Or z??“ – Pause..., er stimmt die Gitarre laaaaange ohne hochzugucken, dann guckt er wieder hoch und sagt ganz cool grinsend „The answer to this question is: Yes, absolutely.“ - Hehe, 1:0. Ja, schön war’s, ein angenehmes Konzert, von dem wir mit einem üblichen „Love & Peace“ vom Majestro persönlich hinausbegleitet werden…

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2019 hab ich METALLICA gleich 2x gesehen - zum ersten und zum letzten Mal ;-) und zum allerletzten Mal auf so einer Großveranstaltung! Das ist echt nicht mehr feierlich. Mit 60000 Besuchern auf dem Maifeld steht man nicht nur bei An- und Abreise stundenlang im Stau, sondern auch für jedes Getränk 45 Minuten in der Schlange - bei sengender Sonne, großem Gedränge, allgemeinem Unmut und begleitender Panik, da ohnmächtige Leute an einem vorbeigetragen werden, bevor das Konzert überhaupt angefangen hat. Auf der Website versprochene kostenlose Wasserflaschen gibt es gar nicht, das Essen ist natürlich maßlos überteuert und die Dixieklos schon seit einer Woche zugeschissen. Naja.
BOKASSA aus Norwegen spielen guten Stonerrock, sind jedoch nur aus der Ferne zu vernehmen (die fangen noch VOR 18:00 an!) und bis man ein erstes Getränk in der Hand hält, sind sie längst schon fertig.
Danach GHOST, die ich eigentlich sehr mag, die jedoch mit ihrer sakralen Düstershow, viel Nebel und verschwitzen Masken im Sonnenschein komplett verlorengehen. Ihr Kathedralenaufbau wirkt auf der riesigen Open Air Bühne leider wie ein besserer Paravent. Obwohl bei GHOST wirklich musikalische Perfektionisten am Werk sind, aber da können sie nichts dafür, man kennt ja den Fluch einer Vorgruppe auf solchen Veranstaltungen.

Meine Erwartungshaltung an diesen Abend war schon von Anfang an nicht sehr groß, aber was dann kam, war trotzdem ok. Nach dem Morricone-Intro-Video wird gleich mit dem Titelsong "Hardwired" losgeknüppelt, bei "The memory remains" darf sogar Marianne Faithfull von der Leinwand aus mitsingen. Guter Sound, guter Druck, gute Stimmung und Hetfield extrem gut bei Stimme... einziger Wermutstropfen: das gefilmte Material kommt nicht ganz lippensynchron mit dem Ton an, UND: ich kann auf der niedrigen Bühne überhaupt keine richtigen Personen erkennen, dafür sehe ich natürlich ab dem ersten Moment jede Menge haariger in die Höhe gereckter Männer-Arme mit Handys vor meiner Nase. METALLICA selbst ist recht kommunikativ, dankbar und gut gelaunt ("oh, hallo, die Gitarre hab ich ja schon lange nicht mehr gesehen, die ist aus ner Garage gemacht... ok, nicht aus der GANZEN Garage!" *g*). Es ist der letzte Termin in Europa, danach geht's erstmal nach hause und in ein paar Wochen nach Australien. »We now get a little depressed, the Metallica family on tour is huuuuge! I have the best job in the world.« Sie spielen Sachen, die sie schon seit Jahren nicht mehr im live-Programm hatten. In Mannheim ist es insbesondere über 10 Minuten "The outlaw torn». Als zweites Extraschmankerl als städtespezifisch deutsches Lied heute zum Tourabschluss Rio Reisers "König von Deutschland" von Kirk & Rob, in Lautschrift abgesungen und mit einem riesigen Memorial-Bild von Rio auf der Leinwand. Hat was. Besser als "Viva Colonia" (wie in Kölle) ist das allemal.
Ein kleines Angeberspecial: als die Kamera mal ganz nah ans Gitarrenplektrum fährt, sind Datum und Stadt aufgedruckt. Snobs! *g*. Es gibt sogar es richtiges Feuerwerk am Schluss und bei "One" ist Krieg! Filmisch begleitete Schuss-Salven gehen über in eine irre Lasershow in alle Richtungen, die in den freien Nachthimmel hinausgeht, und ich wundere mich, warum nicht mehrere Flugzeuge über Mannheim abstürzen und hier runterknallen. Es folgen ohne Pause mehrere Knallersongs à la "Master of Puppets" & Co. - insgesamt ganze 2 Stunden Vollbedienung... Nach dem ersten Mal "oh-ooh, ich hab nur noch 1 Plek übrig, ihr müsst gehen, eure Mama wartet" folgt ein langes "Seek and destroy" mit diversen Soli, Mitsingaktionen und danach noch über eine halbe Stunde Zugaben. Ja, sie haben Bock, das kann man nicht anders sagen. Sie kommen sogar (nachdem wirklich Schluß war) nochmal ohne Instrumente zurück, um erneut ein paar "Great summer, best Tour ever, thank you fuckin' Mannheim, thank you beautiful Germany & beautiful Europe, we won't fuckin' see you soon enough!» loszuwerden, da stehen die meisten aber schon am T-Shirt Stand, der ebenfalls unermesslich groß ist. Ich spare mir mein Geld, das Ticket war teuer genug, aber der bedruckte Bierbecher (mit "...and beer for all") ist ja auch ein ganz nettes Andenken :-) Nach dem Nadelöhr-Ausgang und 2 Stunden Wartezeit auf dem Parkplatz können wir dann endlich um 1:00 die Heimreise antreten. Uff. Schön, aber nie wieder. Das beste Goodie ist dann der Download des kompletten Konzerts, das man sich mit der Ticketnummer kostenlos herunterladen kann. Das könnte eigentlich jede Band gern so machen... Immer. ;-)

· Hardwired
· The Memory Remains
· The Four Horsemen
· The God that Failed
· The Unforgiven
· Confusion
· Moth Into Flame
· Sad but True
· The Outlaw Torn
· König von Deutschland (Rio Reiser)
· St. Anger (incl. 'ManUNkind' & 'Orion')
· One
· Master of Puppets
· For Whom the Bell Tolls
· Creeping Death
· Seek & Destroy
· Encore:
· Spit Out the Bone
· Nothing Else Matters
· Enter Sandman (+The Frayed Ends of Sanity)

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Gefühlt zum 10. Mal fahre ich heute zu MONSTER MAGNET, die mich nun schon als einer meiner Lieblingsbands seit 25 Jahren begleiten. Somit waren sie auch schon quer durch die Republik auf meiner Live-Liste, Anfangs in Bremen, über Hamburg, Kiel, Wiesbaden, Darmstadt heute also Aschaffenburg – endlich wieder eine etwas kleinere Location als zB der Schlachthof in WI, dafür an einem schönen Sommertag. *Juhuu!* Irgendwie füllt sich der Laden schleppender als gedacht, so dass wir schon bei POWDER FOR PIGEONS locker ganz vorne ankommen und uns bei den anderen Fotografen einreihen, denn das ist hier erlaubt *nochmal juhuu!* Also Bier her und (zum gefühlt 5. Mal) dem Support-Duo lauschen, die richtig gut ankommen und wie immer zu zweit so einen Wumms haben, dass die Schwarte kracht. Außerdem sind die beiden immer so enthusiastisch dabei, dass sie es immerhin vom Kneipen-Gig zum größeren Support Act weltweit geschafft haben. Meike (aus HH) grinst und hält Augenkontakt mit Rhys (aus Australien), der schreit, klampft, headbangt, auf die Amps hüpft und wie immer alles gibt, egal wie voll oder leer die Bude ist. Da geht was. Man sieht im Publikum viele, die begeistert sind und sich anerkennend zunicken. Daumen hoch für das POWDER FOR PIGEONS Paar!

Der Ventilator für Dave Wyndorff steht aber auch schon parat, der Bullgod ist bekanntlich Meister im Schwitzen und lässt gern seine Haarzippeln im Wind wehen. Diesmal allerdings hat er krass abgenommen und ist vom Format „Ich-bin-2-Öltanks“ auf das Format „hey, geil gealtert, coole Sau!“ umgeschwenkt. Er braucht auch keine Lederjacke mehr auf der Bühne, um seine Pfunde zu verbergen, diesmal reicht ein ärmelloses Altamont-Shirt und die Rockerweste, er bleibt weiter vorn statt hinten, sein Gitarrist braucht sich nicht mehr so sehr in den Vordergrund drängen und MONSTER MAGNET sind eine echte Einheit, die zum sexy grooven oder abmoshen einlädt, ganz nah dran. Als erstes hauen sie gleich mal ein „Dopes to infinity“ raus. Und Dave glotzt einen schon wieder ständig so an (der ist Meister im in-die-Augen-Starren), als würde man bekifft mit ihm tanzen. Natürlich machen das auch einige Jüngere, übertreiben es dabei allerdings etwas, so dass nicht nur alsbald jemand auf dem Boden liegt, sondern auch noch mit meinem Kopf zusammenknallt, so dass ich noch 1 Woche lang denke mir würden die Zähne rausfallen und die Nase gebrochen sein. Was bin ich schon vor Euphorie wegen dieser Band beim Tanzen auf die Fresse gefallen in meinem Leben. . . that’s life. Und mit wievielen Leuten man so ins Gespräch kommt, wenn man das richtige Shirt an hat, bedeutet mir immer noch viel. 
Als das nervige Knutsch-Pärchen vor uns dank unserem wiegenden Zusammenhalt (und unseren Ellenbogen *g*) endlich die Segel gestrichen hat, wird’s aber etwas haarig, um noch die Kamera UND ein Bier dabei festzuhalten. Alles ist rutschig, eng und verdammt heiß. Haare überall. Hände überall. Man sieht so viele männliche nackte Oberkörper wie nie. Oder Leute, die sich hüpfend an einem festhalten wollen. Nach einem sehr ausgedehnt psychedelischen, schwermütig geilen „Spine of God“ zum in die Knie gehen, wird es Zeit das Feld für den Moshpit zu räumen, damit man nicht bei der ersten Zugabe „Negasonic Teenage Warhead“ niedergetrampelt wird. Also ab an die Seite zum Durchschnaufen, was aber total okay ist. Dave macht gutgelaunt noch ein Foto von der Crowd, es wird sogar die Gitarre kurz ins Publikum runtergereicht, um mitzuspielen. Ein letztes Aufbäumen wird natürlich wie fast immer vom Mitbrüller „Spacelord“ besorgt, der die wabernde Masse endgültig zum Kochen bringt. Mit einer vollen Ladung MONSTER MAGNET in der Fresse ziehen die Jünger wieder von dannen, ein trockenes T-Shirt vom Merchstand im Gepäck (oder für die Liebste daheim), um noch auf ein Bier & ne Kippe draußen vor dem Colossaal zu sitzen und zu warten, dass die Band oben aus dem Fenster grinst *kreisch* noch vorbeilatscht. Man verabschiedet sich von Fremden und alle sind guter Dinge an diesem schönen Abend. Bis zum nächsten Mal, motherf***! ☺


Dopes to Infinity / Radiation Day / Powertrip / Mindfucker / Look to Your Orb for the Warning / Twin Earth / I Want More / Dinosaur Vacuum / Spine of God / Negasonic Teenage Warhead / Tractor / Space Lord

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Große Ereignisse, große Schatten, große Platte, große Tour. „A momentary lapse of reason“ hatte einige Jahre auf sich warten lassen, live waren sie schon seit „The Wall“ nicht mehr unterwegs gewesen. Einige Leute mochten die aktuelle Scheibe nicht so sehr, ich schon. Ein Kumpel hatte sich extra eine riesengroße Schüssel Kartoffelsalat gemacht, um in einem doppelten Boden seine Spiegelreflex-Kamera (mit Zoom!) unterzubringen & reinzuschmuggeln, das waren noch Zeiten. Das Wetter spielte absolut mit, das Niedersachsenstadion war optisch auch für Sitzplätze prima geeignet, musikalisch wurde alles an Klassikern geboten, was Pink Floyd so hergibt, ich glaube eine Vorband brauchten sie nicht. Wäre auch eher schwierig gewesen, die ganze Instrumentenschlacht mal eben kurz beiseite zu schieben.
Von Anfang an kamen Videos, Filmsequenzen und eine enorme Lightshow zum Einsatz, sogar das fliegende Schwein war wieder herausgekramt worden und zog leuchtend über die Tribühnen. Groß war auch der anschließende Stau nach dem Konzert, um vom Stadiongelände wieder vom Parkplatz wegzukommen: um 400 km nach hause zu fahren, hat es mehrere Stunden gedauert. Aber was tut man nicht alles für die Musik. War ja Wochenende.

· Shine On You Crazy Diamond (Parts I-V)
· Signs of Life
· Learning to Fly
· Yet Another Movie
· Round and Around
· A New Machine (Part 1)
· Terminal Frost
· A New Machine (Part 2)
· Sorrow
· The Dogs of War
· On the Turning Away
· One of These Days
· Time
· On the Run
· The Great Gig in the Sky
· Wish You Were Here
· Welcome to the Machine
· Us and Them
· Money
· Another Brick in the Wall Part 2
· Comfortably Numb
· One Slip

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Mein zweites Mal Monster Magnet gab’s in Hamburg – und zwar direkt an meinem Geburtstag (yeah!). Was für ein Timing. Sonntag, ok, man musste ja noch nicht arbeiten, nur studieren. Im Docks auf der Reeperbahn tummelten sich als Support die Band SUN, sowie die Superneuentdeckung HEADSWIM aus England, die mir richtig gut gefiel (& auch bei mir im Plattenschrank landete), die aber mit „Tourniquet“ erst 2 Jahre später einen Hit landen konnten. Trotzdem richtig gut.
Die neue MONSTER MAGNET Scheibe hieß „Dopes to infinity“ und der Name war mal wieder Programm. Abgedrehter größenwahnsinniger Scheiß voller Liebesschwüre und allem was pulsieren kann... Den Spacelord gab’s 95 noch nicht. Aber was zum auf-der-Tanzfläche-restlos-ausflippen („Negasonic teenage warhead“) und den Song, der bitte u.a. auf meiner Beerdigung gespielt werden soll (nämlich „All friends and kingdom come“). Wenn man im wahren Leben so einem durchgedrehten Schnauzbart-Leder-Jüngling begegnen würde, wäre er wahrscheinlich von der ersten Sekunde an unten durch, aber auf der Bühne kam das absolut geil. Man verzeiht viel, wenn Musik dabei rauskommt, die nicht nur ins Herz, sondern auch in den Magen fährt. Whatever. Love eternal. Motherfucker.

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Ein Wintermärchen. Eigentlich hätte in der Eiseskälte noch ein wenig Schnee gepasst, der die Alte Oper mit einem Häubchen zudeckt – drinnen betten wir unsere Prachtärsche auf Polsterstühle und unsere Ohren auf Klangteppiche allererster Sahne. STEVEN WILSON beginnt ohne Vorband um Punkt 8 und spielt als Set 1 die komplette „Hand.Cannot.Erase“ Scheibe durch, die für mich im letzten Jahr der Einstieg in ein ganzes Universum des neueren ProgRock darstellt und damit immer an vorderster Front bleiben wird. Zumal es diese LP immer wieder schafft, dass ich bei „Routine“ weinen und bei „Perfect life“ zumindest schlucken muss, weil kaum jemand Melodien besser mit dramatisch lauten Parts und Traurigkeit zuckern kann. Passenderweise singt Gastmusikerin Ninet Tayeb in Frankfurt mit (juhu, das passiert nicht in jeder Stadt) und auch der Rest der Band macht mehr als eine gute Figur. Wir sind uns einig: dies ist einfach eine Liga höher. Das ist Kunst. Dave Kilminster, Nick Beggs (Bass; nein wir machen KEINE Kajagoogoo Witze! Zitat Wilson: „you have no idea how gifted this man is!“), Craig Blundell (dr) und der alte Wegbegleiter Adam Holzman (Keys; der schon für Miles Davis oder Phillip Glass in die Tasten gegriffen hat) liefern den perfekten Soundtrack zum Auf und Ab der vergangenen letzten Tage. Gleich zu Anfang stellt der Maestro erstmal grinsend klar „by the way: we directly react to enthusiasm“ und er ist auch sonst extrem gut aufgelegt, redet und scherzt mit uns. Wie immer barfuß im schwarzen ABBA-Shirt, mit einer Auswahl an schönen Gitarren oder wahlweise am Piano. Er kann über sich selbst lachen, wenn er mal nicht sofort die richtigen Knöpfe auf dem Effektgerät erwischt, oder wenn es darum geht, herauszufinden welches deutsche Publikum seiner Meinung nach am schlechtesten abschneidet. Die Wahl fällt eindeutig auf München! Von Frankfurt sind sie derbe begeistert „wow, you definitely have a heart for the heavy stuff, in here – Has anybody of you been to this nice location before? – Normally we play all these dirty halls, but this is special. . .“ und beim Mitsing-Part hätte München derbe verkackt, meint er, aber hier klappt’s. Gern geschehen. Die Bebilderung der Bühne besteht manchmal aus Realsequenzen mit Großstadtbildern, ganzen Trickfilmen aus Scherenschnitt oder Plastilinfiguren sowie Lynch-artigen Augen-Fokus Passagen der Frau im „Love will tear us apart“-T-Shirt. Auch nach der Pause eindrucksvolle Bilder von Insekten, Schaufensterpuppen, wasted art und Experimenten, dazu alle Musiker gleichzeitig zu „Index“ schnipsend, um das Stück in einer extrem ausgefeilten Version (viel besser als auf Platte) darzubieten. Ninet Tayeb hat div. Parts, zB „Don’t hate me“ was als Duett wunderbar funktioniert). Zwischenzeitlich wird vor der Bühne noch ein 2. halbtransparenter Vorhang für Projektionen hochgezogen, um dem ganzen Ambiete noch mehr 3-D Effekt zu verleihen. Großes Kino mit viel Zwischenapplaus, teils von PORCUPINE TREE, teils Stücke der noch kommenden Solo-Interims-Scheibe „4 ½“, die Mischung aus ausgeklügelt vertrackten Passagen und bombastischem Gedonner kippen im zweiten Set desöfteren in die Metal-Ecke, unterbrochen vom gefälligeren („hey, this song has a real chorus!“) Lied „Lazarus“, das er seinem Helden David Bowie widmet, von dem die erste Platte stammt, die er je gekauft hat. Im Zuge dessen hat er sich im Verlauf der Tour auch dazu hinreissen lassen, als Zugabe „Space oddity“ als Duett zu interpretieren, die Band spielt das Stück so exakt – besser hätte es selbst Bowie nicht hinbekommen! Man wünscht sich, er würde das sehen können. Hinter der Szenerie prangt ein riesiger gezeichneter Bowie-Spaceman, erneut liegt eine ergreifende Stimmung in der Luft, das Publikum hält mittlerweile nichts mehr auf den Sitzen und wir ernten bei gezielten Clap-Einsätzen dafür Applaus von der Band selbst. Der allerletzte Track haut uns dann nochmal einiges um die Ohren und entlässt uns nach insg. fast 3 Stunden mit stehenden Ovationen in die klirrende Kälte, mit der Gewissheit, dass aus diesem bescheidenen Ausnahme-Künstler vielleicht mal ein genauso großer Klassiker der Musikgeschichte werden wird wie aus seinem Vorbild. Man würde es ihm gönnen. Letztes Jahr wurde er bereits mit einigen Preisen überhäuft. Ich bin sicher es wird so weitergehen. All eyes on you, Mr. Wilson!


Set 1 (Hand. Cannot. Erase.): 
First Regret // 3 Years Older // Hand Cannot Erase // Perfect Life // Routine (with Ninet Tayeb) // Home Invasion // Regret #9 // Transience // Ancestral (with Ninet Tayeb) // Happy Returns // Ascendant Here On...

Set 2: 
Drag Ropes (Storm Corrosion) // Open Car (Porcupine Tree) // My Book of Regrets // Index // Lazarus (Porcupine Tree, Dedicated to David Bowie) // Don't Hate Me (Porcupine Tree, with Ninet Tayeb) // Vermillioncore // Sleep Together (Porcupine Tree) 

Encore:
Space Oddity (David Bowie, with Ninet Tayeb) // The Sound of Muzak (Porcupine Tree)

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Mein erstes Bowie-Konzert (ich gerade mal 18) mutierte zu einer Art Festival, dadurch sollte es schon um 15:00 im fernen Hamburg anfangen. Als Schüler & an einem Samstag hat man damit natürlich kein Problem, als Postbeamter allerdings schon, wenn man bis mittags arbeiten und noch über 100 km mit einem alten Passat fahren muss. Umziehen, Parkplatz suchen, lange Wege latschen nicht miteingerechnet. Das Essen haben wir uns schon mal dadurch gespart, dass ich meinem Fahrer & Freund während der Fahrt permanent Salzstangen in den Mund gestopft hab, das musste reichen. Wir hatten es mit Extrembeeilung & Rennen dann auch fast geschafft, durch den Hamburger Stadtpark und den Sicherheitskontrollen zu kommen, NINA HAGEN spielte aber schon. Das war kurz vor ihrer Punkhochzeit auf Ibiza, also dementsprechend bunt konnte man sie schnell auch von weitem auf der Bühne erblicken. Als ein geeigneter Platz und ein erstes Getränk gefunden waren, kam dann auch schon UDO LINDENBERG auf die Bühne, der sich erstmal beschwerte, dass er so „früh am Morgen“ (um 16:00) noch nie aufgetreten wäre. Danach das Kontrastprogramm: ERASURE! („Wer hat DIE denn eingeladen?“). Leider blieb der Coolness-Faktor bei ihrem Auftritt auf der Strecke, nur wenige konnten dem kleinen Pop-Pärchen in Strampelanzügen etwas abgewinnen, der Rest drückte sich durch Buh-Rufe und Wurfgeschosse aus. Sänger Andy Bell jammerte zwischendurch mal auf deutsch rum: „Ick bin dock nur ein gaanz kleine Junge, bitte nickt mit Äppele schmeisse“, nutze aber nichts, immer feste druff. Als das überstanden war kam als weiterer Support nur noch WOLFGANG NIEDECKEN dran, der nach BAP nun solo unterwegs war und das auch recht erfolgreich. Mit „Leechterkette“, „Vatter“ und ähnlichen Hits im Gepäck passte es wenigstens zum Rest des Programms.
Da es im Norden aber nicht so schnell dunkel wird wie in südlicheren Gefilden war es fast noch nicht dunkel genug als DAVID BOWIE auf der Riesen-Spinnen-Bühne im roten Anzug und auf einem silbernen Sessel sitzend vom Himmel schwebte, während er den gesprochenen Part vom Titelsong „Glass spider“ in einen Telefonhörer sang. Dramatisch genug wirkte es auf mich als Konzert-Anfänger aber allemal. Die Show umfasste dann auch sehr viele Hits, nicht nur die aktuelle „Never let me down“ LP abgegrast. Insgesamt wirkte der Abend sehr choreografiert, manchmal mussten sich auch die Musiker (unter ihnen Peter Frampton & Carlos Alomar) sowie jede Menge zusätzliche Tänzer in Formation bewegen. Typisch 80er irgendwie, als Bowie noch Fön-Tolle & Bundfalte trug. Als alte Christiane F. Anhängerin wartete ich natürlich gebannt auf „Heroes“ und fiel auch fast durch überbordenden Herzschmerz in Ohnmacht als es tatsächlich erklang. Ich fands toll ☺ Das irgendwo abgerissene Plakat dazu hängt immer noch an meiner Musikzimmer-Tür.

• Up the Hill Backwards
• Glass Spider
• Up the Hill Backwards (Reprise)
• Day-In Day-Out
• Bang Bang
• Absolute Beginners
• Loving the Alien
• China Girl
• Fashion
• Scary Monsters (and Super Creeps)
• All the Madmen
• Never Let Me Down
• Big Brother
• Chant of the Ever Circling Skeletal Family
• '87 and Cry
• "Heroes"
• Time Will Crawl
• Beat of Your Drum
• Sons of the Silent Age
• Dancing With the Big Boys
• Zeroes
• Let's Dance
• Fame
+
• Blue Jean
• Modern Love

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Was für ein entspannter Sonntag, ohne Murren & Drängeln steht die heute ungewöhnlich lange Schlange vor dem Schlachthof und wartet auf Einlass. SEASICK STEVE (75), hat erst mit 63 seine erste Platte gemacht.
Überpünktlich startet ein blutjunges Power-Duo aus Belgien, das es schon seit 10 Jahren gibt, obwohl die beiden Mitglieder erst Anfang 20 sind (!). BLACK BOX REVELATION spielen leidenschaftlichen dreckigen Rock mit Blues- und Indie-Elementen, und noise-lastigen Gitarrensoli. Sänger Jan (mit dem lustigen Nachnamen „Paternoster“) passt mit seiner recht knarzigen Stimme zum Schlagzeuger, der lustige Verrenkungen & Drumstickkapriolen macht. Die Band hat mich stellenweise ein wenig an BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB erinnert. Very nice.
Die sehr kurze Umbaupause liegt daran, dass alle Instrumente stehen bleiben und SEASICK STEVE später die Jungs von BLACK BOX REVELATION nochmals auf die Bühne holt, damit sie zu viert in die Saiten bzw Felle hauen können. Er weist Dan (seinen langhaarigen „Animal“-Drummer mit Sonnenbrille) an, ein kleines „play The Girl from Ipanema, or something“-Intermezzo am Schlagzeug zu spielen. Gesagt getan, Dan pluckert eine jazzige Pausenmelodei und schläft dabei langsam ein (wie Professor Hastig aus der Sesamstraße *g*), bis er über dem Schlagzeug hängt und vom Roadie wieder aufgerichtet werden muss. Steve kommt zurück mit frischem BLACK BOX REVELATION-Shirt und Strohhut, um die Band nochmals anzukündigen, die „momentan seine Lieblingsband“ sei. Spaßvögel sind sie allesamt, großartig unterhaltsam. Er erzählt Anekdoten zu Songs so persönlich, dass alles wahnsinnig sympathisch wirkt. Dazu scheint jedes Loch im Karohemd und jeder Flicken auf der dreckigen Jeans authentisch zu sein. Er hat so eine verständliche Sprache drauf, dabei die Lacher auf seiner Seite und spickt seine Geschichten mit witzigen Details, dass man es gar nicht alles wiedergeben kann, aber man als Zuschauer während des gesamten Auftritts den Bierbecher und das Dauergrinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekommt. Ohne Mist. Angefangen mit dem 1. Lied allein & à capella (stehend), als er erzählt, dass er seit Bobby Kennedy’s Tod nie wieder zu einer Präsidentenwahl gegangen ist (und warum), bishin zu der Story über seinen Bruder, auf den er aus Übermut im Kindesalter geschossen hat, bevor er von zuhause abgehauen und jahrelang als Hobo und Straßenmusiker unterwegs war. Oder im Gefängnis. Ein Leben nach dem Motto „shit happens“, aber man kann ihm einfach nichts krumm nehmen. Der Blues dampft aus allen Poren seiner Tattoos, Drummer Dan haut mächtig rein (manchmal sind nur Haare & Bärte von hinten angestrahlt, treibende Footstomping Music und Rockiges mit viel Patina, ein paar typische ZZ TOP Riffs kann man auch nicht verleugnen. Desöfteren streicht er sich über seinen langen grauweißen Bart. Zu jedem seiner Songs gibt es (mindestens) eine andere Feedback-Gitarre (z.T. selbstgebaut aus Teilen, die halt so auf einer typischen US-White-Trash-Werkstadt auf dem Lande rumliegen) mit passender Story („Die hier hat seit Secondhand-Kauf nur 3 Saiten gehabt - an den falschen Stellen! Ich hab sie so gelassen, sie klingt einfach gut“ oder „Mein Sohn hat mit diesem Waschbrett gespielt und es ging kaputt, ich hab’s wieder gelötet, noch einen alten Banjo-Hals in der Scheune gehabt, ein Nummernschild sowie ein Türschnarnier hintendran gedängelt und das Ding hat nur 1 Saite. Ich muss einen Fingerhut dazu aufsetzen und ihn mit einem Pflaster festkleben („Moment!“, sonst kann’s für EUCH gefährlich werden, nicht für mich. . .“) Wenn’s mal im Verstärker brummt, wird vom Roadie nochmal die Klampfe ausgetauscht, er hat ja genügend dabei. „My guitars are somehow all fucked up“). Seinen Holzstuhl mit Kissen hat er gleich von seiner alten Veranda in den Tourbus geladen, damit er die meiste Zeit im Sitzen spielen kann. You can’t teach an old dog new tricks. Was er allerdings kann, ist charmant sein. Als der Part mit dem Liebeslied kommt, braucht er unbedingt ein Mädchen aus dem Publikum, das er auf der Bühne dabei "ansingen" kann. Er zeigt auf jemanden „Hm, ... you! Come up here!“ und lässt sich einen zweiten Hocker bringen. Nele, so heißt die junge Dame (Aussprache schwierig) ist das sichtlich peinlich, sie soll ihn „beim singen anzugucken“. Am Ende des Liedes bekommt sie ein Geschenk („Do you have a record player?“ – Nele verneint *g*) und er erklärt seine neue Doppel-LP, während er noch einen kleinen Liebesschwur auf die Hülle kritzelt. Berühmt zu sein findet er komisch - in einer englischen Show mit Liveauftritt schossen seine Facebook-Likes von 75 über Nacht in einen sechsstelligen Bereich! Also kann man getrost noch mit 66 Jahren einen „Breakthrough-Award“ annehmen. Also falls jemand noch mit dem Gitarrespielen anfangen möchte: feel free – it’s never too late. Was für ein netter Sonntagabend bei Onkel Steve & Co.

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20:45 im Bett - Bernd Begemann kommt auf die Bühne und kündigt persönlich seinen Support an, bechreibt sogar ihr Kleid und ist ganz begeistert. Da geht doch was... *g*. JOHANNA ZEUL hüpft auf die Bühne, schmeisst erfrischend den Rock & ihren Kopf hin und her & uns ein paar Liedzeilen um die Ohren, die alle zum schmunzeln bringen. Da gibt’s auch mal unflätige Ausdrücke, sie lehnt sich an die Wand oder turnt nach vorn und gießt sich die Wasserflasche über den Kopf. Coole Socke. Sehr sympatisch. Als sie sich gegen 21:15 mit BERND BEGEMANN abwechselt, darf sie gleich auf der Bühne bleiben, um den ultimativen Frankfurt-Opener zu singen „Die besoffene Fahrerin“, ist nicht geübt, klappt aber trotzdem. Und wir singen alle mit. Ein solch lustiges Publikums-Animierprogramm hatte der BEGEMANN immer schon drauf („Hey, ich hätte Lehrer werden sollen!“), ob heute oder Anfang der 90er Jahre, als ich noch mit großen Schritten in der heimatlichen „Hamburger Schule“ herumgeschliddert bin. Als er damals in Lübeck die Alternative (auf der Walli) pickepacke gefüllt hat, war er zwar noch 25 Kilo leichter und hatte auch weniger Songs im Gepäck, gerade mal die 1. Soloscheibe „Rezession, Baby“ draußen, machte sich aber durch seine ultimative Spielfreude, seinen tumb-niedlichen Hüftschwung und sein loses Mundwerk einen Namen, (noch bevor er im Bademantel im Fernsehen auftauchte) und begann sein Programm einfach komplett von vorn, weil die Leute nicht gehen wollten. Auch Losergehabe kann sexy sein und grinsen muss man sowieso, also kann man auch völlig durchgeschwitzt 4 Stunden mit Klampfe, Rasseln und Drumcomputer irgendwas improvisieren. Legendär. Diese Lockerheit ist geblieben, die halbakustische Klampfe spielt er routiniert und sie klingt immer noch sehr angenehm warm und streckenweise nach Pat Metheny, nur mit ganz vielen Gesichtszuckungen bei jedem Ton. Er leidet oder regt sich auf, tut beleidigt, lacht, ist zickig, romantisch oder abgeklärt, hat gern mal mit Vibrato in der Stimme und immer wieder übernehmen wir lautstark ein paar komplizierte Singpassagen bei „Judith, mach deinen ABSCHLUSS“ – „sicher ist sicher“. Das Bett ist gut gefüllt und gut gelaunt. Ab und zu verzettelt er sich mal in seinen gesungenen Erzählungen oder gespielten Witzen mit sich duellierenden Stimmen, so dass das ein oder andere Lied (zB „Fernsehen mit deiner Schwester“) ein wenig lang gerät oder die Leute an den falschen Stellen in die Rauchpause gehen. Macht nix. BEGEMANN fragt immer wieder nach Song-Wünschen und versucht sie auch zu erfüllen (aber spätestens als ich „Die Apokalypse erreicht Borkhorst“ vorschlage heißt es „argh, das schaff ich nicht!“ *g*). So bleiben wir doch wieder an „Oooh, St. Pauli“ oder „Christiane (das Mädchen vom CVJM)“ hängen oder gehen halt „Mit Jochen Distelmeyer ins Autokino“. Anwesende Leute aus Hannover bekommen eine extra Begrüßung, wie auch ein Paar das ihn in Vergangenheit mal zur Hochzeit spielen ließ, daher gibt es an dieser Stelle „Zweimal 2. Wahl“ oder „Neulich auf der Orgie“. Sogar alte Songs seiner Band DIE BEFREIUNG oder DIE ANTWORT kommen zum Zug (bzw Schiff) mit „Unten am Hafen“, wo die großen Schiffe schlafen, das funktioniert auch alles als Alleinunterhalterprogramm. Da wird gelacht, gestrippt, geschwitzt, Helene Fischer gedisst, sich erinnert, Grimassen geschnitten, getanzt, persönliche Anekdoten erzählt und die Zeit verpufft wie im Flug. Als er von der Bühne geht, sind erstaunliche 3 Stunden rum! Wunderbar „unoptimiertes“ Amüsemang uut Hambuurch. Und sein Powertier ist ein Gnu!! Definitiv. Ach so, und nochwas: „Sicher ist sicher“ ;-)

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Endlich eine Chance, ROLO TOMASSI einmal live zu sehen. Vorherige Termine der Briten gab es in wesentlich kleineren Locations, aber ich hatte es nie geschafft. Daher besitze ich seit längerem eine LP (die mir ein guter Kumpel vorher schmackhaft gemacht hat) auf der sich tiefzarte Gefühle plus Klavierbegleitung mit weiblichen Hardcore-Todesschreien ablösen. Große Kunst.
Den Auftakt des Abends im Kesselhaus machen erstmal CRYPTODIRA, eine sehr männliche Band, die sich eher dem Mathcore verschrieben haben. Mit vertrackten Songs, tätowierten Oberarmen, dicken Turnschuhen, einer schwarzen und einer asymetrisch geformten Gitarre in Weiß & Hellblau (!) geben sich die beiden Gitarristen zwischendurch ihrem Leiden wahlweise stehend auf den großen PA-Seitenboxen oder auf dem Boden wälzend hin. Leidenschaft wird hier großgeschrieben, allerdings sind die Songs nicht gerade eingängig, aber das sollen sie sicher auch nicht sein, man muss ja Härte beweisen.
Als Kontrast dazu betritt die zierliche Sängerin von ROLO TOMASSI die Bühne. Die Atmosphäre verdunkelt sich und erstrahlt abwechselnd in rotem oder hellem Backlight, während sie ihre Ballettübungen vollzieht und engelsgleiche Töne von sich gibt, um gleich darauf von der Hölle verschlungen zu werden. Das Biest kann nämlich auch düster growlen und schreien ohne Ende. Alles sehr eindrucksvoll.

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Gleich vorab: Der Gig ist für mich jetzt schon das KONZERT DES JAHRES! Die YOUNG GODS sind wieder da - und zwar in alter Form. In der Zwischenzeit gab es immer mal wieder extrem unterschiedliche Platten & Auftritte unterschiedlichster Musikrichtungen von ihnen, von der Kurt-Weill-Interpretation über blubbernde Elektrotöne bis hin zu harten Industrial Klängen. Und Letztere können sie live besonders gut. Dadurch klingt auch ihre neue Scheibe „Data Mirage Tangram“ einfach viel knalliger als erwartet (und kraftvoller als die Konserve), mit der sie ihr Liveprogramm starten. Da wirkt jeder Moment flirrend, spannend, arbeitet immer nach einem 10-minütigen Spannungsbogen auf einen bombastischen Höhepunkt hin, und der Sänger wirkt auch noch wie ein einsamer Wolf mit seiner grollenden Stimme, seinen grauen Haaren und seinem gelenkigen Körper, stimmlich immer auf der Suche aus dem dornigen Dickicht, erst tief & beschwörend, dann plötzlich wieder laut, mal auf französisch, mal auf englisch. Ich stehe zwar mal wieder durch Zufall (wollte mich anfangs nur kurz auf den Bühnenrand beim Warten setzen, und dann füllte es sich plötzlich) mittig in der allerersten Reihe, musste jedoch leider meine Kamera abgeben, ärgerlich, denn es wären diesmal so tolle geworden! Auf jeden Fall kann ich nun das Konzert in vollen Zügen genießen, ohne durch die Linse zu blinzeln, sondern dafür mal wieder richtig zu tanzen. Und man kann die Musik förmlich fühlen. Arme und Hände greifen durch die Luft, den Nebel, das Licht. Schon Franz Treichler hat am Mikrofonständer (die anderen beiden an Drums und Sequenzer auch) eine einzelne Lichtsäule, die aus dem Dunkel an die Decke strahlt und alles wahnsinnig dramatisch macht – ein simpler Effekt. Noch dramatischer wird es, wenn er den Mikrofonständer mitsamt Lampe in die Hand nimmt, das Licht mit seinen Händen beschwört und auf uns richtet, als hätte er ein Snipergewehr in der Hand, mit dem er uns zum Verhör heraus pickt. Der ganze Auftritt wirkt wie (in eigenen Worten) ein “Pakt aus Mensch und Maschine”, es blubbert, es blitzt, es groovt vom Beduinenrhythmus (krasser Schlagzeuger!) bis zum extremen Trance-Sound, da kann man einfach nicht stillstehen! Und auch die eindrucksvolle Lightshow ergänzt das perfekt, mit mehreren Projektoren, deren Strahlen mal in tausende kleine Minilichter aufbersten oder sich zu wabernden Formen zusammenrotten, um auf den Gesichtern zu tanzen. Ich kriege so manches Mal Gänsehaut oder muss gegen ergriffene Tränen kämpfen – das passiert mir nicht gerade häufig, aber dieser Auftritt ist magisch. Nach dem ersten Break (eine Vorgruppe gibt es nicht) haben sie ihr neues Album durchgespielt und die Leute sind ganz aus dem Häuschen im (ehemaligen “Magnet” Club – jetzt) “Musik und Frieden” an der Spree in Kreuzberg. Die Leute sind für meinen Geschmack ein wenig zurückhaltend (ich glaube in FFM hätte es noch mehr begeistertes Geschrei gegeben), vielleicht sind sie aber auch nur ergriffen oder respektvoll, man hört viele französich sprechende Leute, sogar der bullige Alt-Punk mit dem The-Damned-Shirt hinter mir fragt ganz höflich, ob er sich mal kurz vor mich knien kann, um ein Foto zu machen (“Logo, hau rein!”) Und dann kommen die Zugaben – gleich ALLE Knaller der alten YOUNG GODS Tage, begonnen mit “Gasoline man”, dann “Kissing the sun” und “Skinflowers”. Da müssen dann wirklich ALLE mittanzen. Unglaublich, diese Band. Mag ja sein, dass sie es immer so machen mit den Hit-Songs, aber für mich war das ganze eine mitreißende Offenbahrung. Die Band bedankt sich mit viel Herz und wir grölen sie ein zweites Mal raus, wo sie dann aber etwas Ruhiges spielen. Wenn das auch noch “She rains” geworden wäre, hätte ich wahrscheinlich komplett losgeflennt – bin momentan eh nah am Wasser gebaut. So muss ich erstmal zur Beruhigung einen Rotwein an der Bar bestellen und nehme eine große Erinnerung mit.

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AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD sind wieder da. Und sie spielen eine Jubiläumstour zur Scheibe ihrer Anfangstage. 20 Jahre ist das nun schon her, Anfang der 2000er-Jahre habe ich sie relativ häufig live gesehen, dann gab es eine längere Pause und die Freude allerorten ist groß. Nur in Mainz ist die Hütte nicht ganz ausverkauft im neueröffneten KUZ. Macht nix, dann ist mehr Platz zum Bewegen – und das auch noch ganz vorne.

Freudig betritt die Vorband MIGNON die Bühne, die mit Namensgeberin Mignon Baer einen ganz besonders schillernden Fisch an Bord hat. Anfangs noch im Kleid, mit Hut und Maske, bis nach und nach einiges davon in die Ecke fliegt, bis sie nur noch im offenherzigen Glitzerjumpsuit und ihren Gerippe-Strümpfen da steht und an diversen Instrumenten (Gitarre, Keyboard, Theremin, Gesang) einiges zu bieten hat. Musikalisch ist das eher schwierig einzuordnen, es bleibt im Nachhinein leider wenig hängen, aber der Unterhaltungsfaktor live macht das wieder wett. Auch in ihren Ansagen ist sie nicht verlegen oder sie gibt Stories zu den Songs zum besten. Der MIGNON Gitarrist wirkt auf den ersten Blick ein wenig wie ein TRAIL-OF-DEAD-Frontmann Conrad Keely Lookalike – bloß etwas stylischer. „Send me your fotos!“ bittet uns Madame Mignon, zieht die Schuhe aus und überschüttet sich mit einer Flasche Wasser, um gleich wieder mit der Glam-Gitarre Verrenkungen auf dem Boden zu machen. Hut ab vor so viel Enthusiasmus!
Die Umbaupause fällt anschließend zu lang aus, aber der Saal ist mittlerweile doch recht voll geworden. Die Merchartikel haben sogar zivile Preise und es gibt ein paar Neuauflagen der TRAIL OF DEAD LPs, sowie Kunstdrucke des Sängers zu kaufen, der auch noch gekonnt zeichnen kann.
Musikalisch wird dann mit der „Madonna“ Scheibe gestartet, die der Namensgeber der Tour ist. Die Show geht gut nach vorne los, ein quirliges Allerlei, allen voran nicht nur Conrad Keely sondern auch der Derwisch am Bass, der sich beim Spielen im 90° Winkel nach hinten biegen kann, Gitarre und Drums tauschen wie immer mehrmals die Instrumente oder hämmern auch mal zu zweit auf dem Schlagzeug herum. Nur der 2. Gitarrist steht wie angewurzelt & in die Ferne blickend auf seinem Platz und man meint, er würde eher in einer 80er-Jahre-Wave-Band spielen. Aber es muss sich ja auch nicht jeder zum Clown machen ;-) Hinter der Bühne werden permanent die Saiteninstrumente gestimmt und gereicht, das Set hat Hand und Fuß, die Leute im Publikum freuen sich nen Ast. Keely schreit sich die Lunge aus dem Hals und springt schweißtreibend im MIGNON-Shirt durch die Gegend, trotz einiger dazugewonnener Pfunde. Gute Laune überall – und ich muss sagen, ich habe selten so ein freundlich-quietschend ausrastendes Publikum gesehen. Alle sind zufrieden, sogar auf die Bühne gereichte CDs werden brav unterschrieben, alle winken, verneigen sich (nicht ohne Zugabe) voreinander und hatten einen tollen Abend.

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Als Student hat man's nicht so dicke, daher müssen wir von Kiel nach Hamburg trampen, kommen aber recht früh an, das ist gut, denn draußen ist es scheiße kalt. Das Logo in HH ist noch leer, warm, klein und gemütlich, David Eugene Edwards sitzt schon drin und raucht sein Päckchen Marlboro Lights, wir trauen uns aber nicht, ihn anzuquatschen. Wir können ein paar gute Plätze ergattern, auf denen man auch erhöht stehen kann und als sich die Hütte prall gefüllt hat, geht’s los mit der Vorband FINK aus Hamburg – also mit Vorschußlorbeeren beim Publikum, die ganz schöne sog. Folk-Noir-Lieder mit rauchiger Stimme präsentieren (Nils Koppruch verstarb leider 2012). 

SIXTEEN HORSEPOWER legt dann alles auf die Bretter, was die ersten 2 Scheiben so hergeben. Mit großer Anziehungskraft zur Bühne sind alle angetan von den guten Musikern des tiefsten amerikanischen Westens und stehen auf den wenigen Stühlen, ein rundes Bild mit „gefesselten“ Leuten, dunklen Klamotten, schönen Vintage-Instrumenten, tiefgläubiger Inbrunst und einer Menge Qualm, nur eine Fuhre Stroh hätte noch gefehlt. „Haw!“

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Oooooooold Schoooooooool, Alter. Wobei in diesem Fall OLD wirklich groß geschrieben werden muss *g*. Man nehme ein paar kleine hässliche Engländer, ne Schiebermütze, Turnschuhe, ein paar Muskeln, Tattoos, ein blau-weiß-rot gestreiftes Drumset & genügend Bier, um authentischen UK Punk’n’Roll mit Oi!-Einschlag abzubilden. Parties feiern kann man dazu prima und die Jungs verstehen ihr Handwerk durchaus. Es gibt sie ja auch schon lange genug. Ich kannte vorher beide Bands noch nicht bewusst.
CRASHED OUT als Support gaben schon mal volle Möhre und wirkten spielerisch sehr tight, was viele Kopfnicker im Publikum auch so sahen. Da gab’s nix zu meckern und es wurde einem leicht gemacht, mit dem Bein zuckend in die Gegend zu grinsen. Die Band gibt’s schon seit den 90ern und sie haben denselben Schlagzeuger wie die ANGELIC UPSTARTS. Ob CRASHED OUT ihren Namen von einem Exploited Titel haben? Könnte sein. Das Bett füllte sich zusehends mit einigen bekannten Nasen, die sich gern böse Filme und rauhe Musik zu Gemüte führen...

Die ANGELIC UPSTARTS sind Punks der 1. Stunde und konnten schon einige Hits verbuchen, die man vom Hören her kennt (zB „Solidarity“, das auch vom Mitgröl-Gefühl auf einen Fußballplatz passen könnte). Die Südenglische Herkunft machte es nicht gerade leicht, die Ansagen und Stories des Sängers zwischendurch zu verstehen, aber bei den Inhalten der Songs („Anti Nazi“, „Police oppression“ etc.) waren sich eh alle einig. Musikalisch gab es einen Mix aus Punk, Oi!, Rock, Ska & einem Tupfer Reggae. Am Ende gab’s noch die Debüt-Single „Murder of Liddle Towers“, sowie eine lustige Coverversion von Tom Jones’ „Delilah“. Das Publikum gab sich extrem tanzfreudig und amüsiert, die Ü-40-Grenze war bei vielen deutlich überschritten. Auch bei der Band. Einer der beiden Gitarristen sah aus als käme er gerade verkatert aus dem Bett, strubbelig grau, seit Tagen unrasiert, mit offenem Karohemd, Bierplautze und einem großen Jägermeister-Aufkleber auf der Gitarre. Der Sänger kahlköpfig mit rotem Vollbart, der Schlagzeuger mit Doppelbelastung und ein zweiter Gitarrist komplettierte das Set. 

UND DANN KAM OLAF. Olaf hat ein Saxophon (kreisch!) und spielt eigentlich bei den Frankfurter STAGE BOTTLES. Aber er drängt sich gern mal auf, um bei seinen Helden von früher mitspielen zu dürfen. Er durfte. Also baute sich Olaf ein Sax-Mikro für die UPSTARTS auf und sang ansonsten mal unvermittelt text- oder Zweitstimmen-sicher in das ein oder andere Mikro der Gitarristen, dass die manchmal vor Schreck zusammenfuhren. Leider war es nicht so wirklich angenehm, Olaf beim singen zuzusehen (Mimik), aber er war sicherlich eine Hilfe für den leicht angeschlagenen Hauptsänger, der sich brav bedankte, allerdings gab es dann später doch das ein oder andere Mal kleine Diskussionen mit Olaf wie mir schien, um ihn wieder von der Bühne zu bekommen. Insgesamt tat das Ganze der Stimmung keinen Abbruch. Sogar die Band applaudierte den Gästen, man pogte und amüsierte sich im gefüllten Bett und labte sich am gefüllten Merchandise-Stand. Nach der Zugabe waren dann auch zweieinhalb Stunden rum. Nice.

✔︎ Helpful Review?
Ein ganz spontan entschiedenes Konzert im kuscheligen Neglected Grassland kann halt auch mal ganz hübsch sein. Als Support nehme man ein paar Lederjacken, Jeans, Turnschuhe, lange Haare, eine Flying-V und etwas 70ies Retro-Hardrock und heraus kommt DAMAGE, eine frankfurter Rockband, die sich erfolgreich bemüht, in die Fußstapfen von – äh ja, wem eigentlich? – zu treten. Aber das machen sie ganz ordentlich, hier ein wenig KISS, dort ein wenig AC/DC, Hauptsache die Gitarren fetzen los, rollen durch die Nacht und die Gitarristen fallen vor den Mädels auf die Knie. Nice.

Als Hauptact kamen DOCTOR CYCLOPS aus Italien auf die nichtvorhandene Bühne vor dem großen goldenen Spiegel und hatten schon ihre Totenköpfe auf den (Orange-) Amps plaziert. Angekündigt waren sie als Hommage an ganz frühe BLACK SABBATH mit Ausflügen in die Stonerrock und Psychedelic-Geschichte, was man durchaus bestätigen kann. Auch hier ein Sänger mit Wallemähne, dazu eine leicht getönte Brille, ein Bassist, der sich sehr viel bewegt (in alle Richtungen) und ein Schlagzeug mit recht losem Wander-Teppich, der nach jedem Song erneut nach hinten gezogen werden muss. Da man ohnehin in diesen kleinen Räumlichkeiten als Zuschauer direkt davor steht, hat das einen gewissen persönlichen Charme, da immer neue Ideen verkündet werden, wo der Drummer „jetzt wieder hin wolle“ (zur Bar, aufs Klo, etc.). Auch der Raucherraum ist nie leer. Die Musik des Trios geht auch ganz schön laut ab, immer mit gewissem Groove und immer recht drownig. Doom, mal heavy, mal psychedelisch, einige sehr lange Stücke, viele Tempiwechsel inclusive. Gut!

✔︎ Helpful Review?

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