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Caren. - 45worlds - All Comments

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MemberItem Review/Comment
Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Faith No More @ Grosse Freiheit 36
Review
Im Affenzahn über die Autobahn nach Hamburg heizen, die Jungs aus unserer Band wollen unbedingt PRONG sehen! Aber FAITH NO MORE natürlich auch. Die mittlerweile aufsteigenden Shooting Stars der Indierock Szene waren schon beim letzten Mal spitze. Mittlerweile gibt’s auch ein neues Album, das richtig gut ist („The Real Thing“). Beide Bands spielen gut, FAITH NO MORE sind voll gut drauf und reißen jede Menge Scherze. Offensichtlich haben sie gerade die deutsche Sprache für sich entdeckt und auch gleich jede Menge aufgeschnappt, um es im Publikum zu testen und nachzufragen ob es auch richtig wäre. Die Palette ging von „Haribo macht Kinder froh“ bis hin zum ständig wiederholten „Schwwwweiiiinefikkkka!“, was bestimmt bei einigen Konzertjüngern noch einige Zeit als Running Gag in der Clique kreist. So auch bei uns. Natürlich kommt auch der Zauber der Reeperbahn gut bei ihnen an. Wenige Jahre später kaufe ich in Roskilde ein Bootleg Tape mit eben jedem Gig aus Hamburg drauf, da sind einige ihrer Bemerkungen verewigt, ein großer Spaßfaktor. Und es ist noch längst nicht das Ende der Fahnenstange...

• From Out of Nowhere
• Falling to Pieces
• Introduce Yourself
• The Real Thing
• Underwater Love
• As the Worm Turns
• The Crab Song
• Edge of the World
• The Morning After
• Chinese Arithmetic
• We Care a Lot
• Sweet Dreams (Lloyd Landesman cover)
• Surprise! You're Dead!
• Epic
• Woodpecker From Mars
• Encore:
• Zombie Eaters
• Why Do You Bother
• War Pigs (Black Sabbath cover)

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Living Colour @ Grosse Freiheit 36
Review
". . . And during the few moments that we have left, . . . We want to talk right down to earth in a language that everybody here can easily understand."
YEAH! Immer noch eine meiner Lieblingsbands, besonders live das pure Leben - also machen sie ihrem Namen alle Ehre. Klamotten, Haare, Plattencover, Instrumente – alles knallbunt, zusammen mit der dunklen Haut wirkt sowas doppelt. Vernon Reid hat einige Ibanez-Modelle im Laufe der Jahre herausgebracht, immer in Leuchtfarben und meist mit dem in Gitarristenkreisen betitelten „Wegwerfgriff“ sowie Wimmerhaken. Und er spielt schnell. Sehr schnell. Und es ist hart und laut. Sehr laut. Manche brauchen eine Pause für die Ohren im Foyer. Aber dann verpasst man einfach exzellente Musik, daher kommt das für mich gar nicht in Frage. Living Colour haben 1988 gerade mal eine LP und werden ein bisschen über Mick Jagger mitproduziert und sie haben was von den Talking Heads gecovert – das war noch wahrer Crossover Stil. Ob „Middle man“, „Desperate people“ oder „Glamour boys“ - Sie haben ihr Handwerk wirklich drauf. Einer der intensivsten Songs ist immer noch „Broken hearts“, daran kann man sich nicht satthören. Die Initialzündung dieser Band wurde hervorgerufen durch meinen Freund, der damals immer bei richtig guten Songs automatisch aufwachte, die leise im Radio liefen während er schlief (!). Ein perfekter Indikator. Die Große Freiheit tropft, die Ohren bluten, aber jeder ist ergriffen. Der „Cult of Personality“ wirkt phänomenal bis heute nach.

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Kyuss @ Docks
Review
Ein schwüles Gewitter begleitet diesen Abend in Hamburg. Sehr pünktlich um 20:00 fangen die MELVINS ziemlich langsam an. Aber jemand hinter mir im Publikum erhellt zwischendurch schon mal die Gesichter mit dem Satz "...allein für die Frisur hätte ich schon 5 Mark Eintritt bezahlt!!" Hihi. Eine angenehm kurze Umbaupause und ein nebliger Auftakt macht die Luft nach den MELVINS gleich ein bisschen dicker. Ich war auch noch so blöd mein dickes Kunstfaser-Nummernshirt mit der 26 drauf anzuziehen (hey, wenigstens 1 Jahr, in dem die Zahl mit meinem Alter übereinstimmt, das muss man doch ausnutzen! *g*). Außentemperaturen und Lust...äh... Luftfeuchtigkeit haben sich mittlerweile mindestens verdoppelt, als KYUSS auf die Bühne kommen. Haare fliegen von allen Seiten. Lange Haare kleben im Gesicht wie Flechten, die über die tropisch-nasse Straße kriechen, um zu einem infektiösen Gebilde zusammenzuwachsen... oder sie kleben wie Zuckerwattefäden - vom Dom gegenüber - die am Kessel hängengeblieben sind. In so einem Kessel befinden wir uns heute Nacht. Ein Hexenkessel obendrein, obwohl der Saal nicht übermäßig sondern angenehm gefüllt ist. KYUSS sind live weder so kalt wie ihr neuestes Cover noch so trocken wie die oft zitierte Wüste. Dies ist ein heißer Wasserfall! Ein Meer aus Farben tut sich auf: Bubbledias in einer nie gesehenen Farbleuchtkraft; alles (zer)fließt; der Sound ist für diese brachial-lauten Töne sehr gut und erzeugt ebendiese haareschwingende körperkreisende Trance... diese Musik ist purer Sex! Hier kommt keiner lebend raus, der nicht vor Schweiß zerfließt und dessen Poren nicht danach schreien, dass sich bitte plötzlich das Dach der Halle öffnen möge, um uns in einem kühlenden Wirbelsturm hinauf ins All zu saugen und uns dort mit einem bunten Sternendrink für diese schönen Konzertstrapazen zu belohnen... Wow, was für ein geiler Stonerrockabend.

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Blackmail @ Batschkapp
Review
Heute startet BLACKMAIL ihre "Tempo, Tempo"-Tour. Die Scheibe stand neulich sogar schon auf Platz 34 der Charts! Staun. Im Vorprogramm der Batschkapp gibt's allerdings erstmal eine tödlich-langweilige Death-Metal-oder-was-sollte-das-sein?-Band... DIORAMIC aus Kaiserslautern. Total Retro, weiß der Geier, jedenfalls passen die nicht die Bohne ins Programm. Der Applaus hält sich dann auch schwer in Grenzen und der Sänger hat beim Reden eine eine unfreiwillig komische Fistelstimme, die alles kaputtmacht - von den Sprüchen ganz zu schweigen. Naja.
BLACKMAIL sind heute dafür in Höchstform! Extrem gut und professionell - das riecht nach 1. Liga! Es wäre ihnen endlich der internationale Durchbruch gegönnt, denn besser geht's kaum. Sänger Abay ist endlich mal wieder sehr gut drauf, sowie - wie er selber betont - diesmal NICHT besoffen *g*, was wohl eine kleine Anspielung auf eine der vorangegangenen Touren in der "Jägermeister-Rockliga" sein soll, da war anscheinend ein wenig viel der braunen Brühe im Spiel. Heute: alles super.

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
The Twilight Sad @ Zoom Club
Review
Überpünktlich noch vor 20:00 hört man laute Töne aus dem Saal. MAN OF MOON sind zu zweit, ein sehr präziser Schlagtechniker mit echtem sowie elektrischem Drumset, so dass er zwar live "schlägt", aber gleichzeitig recht abgefahrene Sounds damit kreieren kann oder Samples einspielen kann. Der Sänger greift liedweise abwechselnd zur Gitarre und zum Bass, während mir seine Stimme wahnsinnig bekannt vorkommt. Beide zusammen bilden eine echte Einheit und machen ihre Sache sehr gut. Das klingt modern, nach Moll, sehr stimmungsschwanger, alternativ, auf- und abschwellend, manchmal ausreißend, positiv, sehr konzentriert, aber dann doch melancholisch, leidenschaftlich, mit guten Melodien und zuweilen mit richtigen Elektrobeats bestückt, so dass immer Bewegung im Raum ist und keine Langeweile aufkommt, wenn man den beiden (einmal Ringelshirt, einmal Karohemd) zuhört. Erst habe ich den starken Verdacht, dass es sich (besonders wegen der etwas helleren Stimme) hierbei um die aufgelösten EXIT CALM handelt, die Band, der ich vor einigen Jahren in elegischem Shoegaze-Herzschmerz verfallen war, und die ich leider nie sehen konnte. Doch das bestätigte sich bei meiner nachträglichen Recherche nicht. Das wäre es gewesen. Trotzdem hinterlassen MAN OF MOON bei mir (und ich bin nicht die einzige) an diesem Abend den stärkeren Eindruck an richtig interessanter Musik! Nicht umsonst liegen am Merchstand keinerlei Tonträger mehr von ihnen aus, nur noch ein T-Shirt in Kindergröße *g* und eine Mailingliste für weitere Auftritte im nächsten Jahr. Heute ist der letzte Tag der Europatournee (Festland), was das "sorry, Merch ausverkauft" bei beiden Bands leider erklärt. Die werde ich mir definitiv nochmal ansehen! Diverse Einträge auf ihrer Facebook-Seite bestätigen das ganze. Ich glaube, die Jungs haben bei vielen Leuten jetzt einen Stein im Brett. Zurecht.
TWILIGHT SAD sehe ich heute zum 4. Mal, aber sonst waren sie immer nur Support-Band (bei Mogwai (das ist schon über 10 Jahre her!), bei den Editors und bei The Cure). Allerdings war ich bei jedem der bisherigen Konzerte von ihnen mehr beeindruckt als heute, und ich kann nicht genau erklären, warum. Sie werden durchaus abgefeiert von der Meute im Zoom, der Laden ist nicht brechend voll, aber neuerdings kann man ihn mit einem Vorhang abteilen und es gibt eine schräge 80er-Jahre Zickzack-Beleuchtung an der Decke, was das ganze etwas belebter aussehen lässt, jedoch werde ich schneller müde bei ihren Songs, die leider einen Millimeter zu gleichförmig sind. Es mag am Sänger liegen. Ich habe heute den Eindruck "hey, was ist passiert? Die haben seine Medikamente richtig eingestellt!!" - er war sonst hagerer, hibbeliger, hat sich sehr angestrengt und wirkte dadurch auch immer etwas wahnsinnig, wenn er Tourette-artig den Kopf mit einem lauten Schrei nach hinten oder zur Seite geworfen hat, auf die Knie fiel, oder die Fäuste geballt und die Arme verkrampft geschüttelt hat, als hätte er einen epileptischen Anfall. Das hatte einen ziemlichen Ian Curtis Touch. Wir haben uns zum Teil bei anderen Konzerten echt Sorgen um ihn gemacht, dass er nicht gerade live auf der Bühne stirbt. Heute verhalten sich TWILIGHT SAD relativ ruhig und gelassen, und körperliche Ausreißer kommen nur 1-2mal gegen Ende des Sets vor. Das wirkt fast schon ein wenig gewollt. Klar, ihr schottischer Akzent ist echt charmant (es werden auch einige Lieder komplett in ihrer Heimatsprache gesungen), ansonsten erwartet uns gutes, wave-düster-folky-stimmungsvolles Indiezeugs mit einem Hauch Shoegaze und Postrock, schön gesungen. Da kann man gar nix kritisieren, wenn ich nicht ein paarmal heimlich feststellen müsste, dass mir ein wenig langweilig ist und zu viele Songs zu gleichförmig sind. Vielleicht ist auch der neue Schlagzeuger nicht ganz unschuldig, der den Takt kaum wechselt, die ganze Zeit über aussieht wie ein 16-jähriger, der gerade Power-Workout macht, während sein Mund vor lauter Euphorie "Bohlen-mäßig" lächelnd offensteht. Die ganze Zeit. Das ist irgendwie eine komisch verstörende Mischung, alles. Aber Twilight Sad sind sehr freundlich, erzählen noch ein paar Mal, dass der letzte Tourtag ist, sie sehr dankbar sind, dass so viele an einem Sonntag gekommen sind und.... ja.... was man halt so sagen muss.... schon ok. (Hey, ihr habt mit Cure in riesigen Stadien in aller Welt gespielt, also erzählt uns doch nix!) Der große Nightliner steht abfahrtbereit draußen vor der Tür. Ich hätte LPs gekauft, wenn es welche gegeben hätte. Alles in allem muss ich aber ehrlich über den heutigen Abend sagen: MAN OF MOON= 1:0! ;-)

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Motorpsycho @ Mousonturm
Review
Meine Erwartungen sind nicht so hoch an diesem trübseligen Tag, der mich übers Leben, die Ziellosigkeit darin und die Endlichkeit dessen nachdenken ließ, und nun fängt es auch noch an zu regnen, doch was dann folgt, schenkt dem Abend eine versöhnend warme Decke. Mein gefühlt mindestens 5. oder 6. Mal MOTORPSYCHO startet unter dem heutigen norwegischen Motto der Frankfurter Buchmesse pünktlich um 21:00 ohne Vorgruppe. Man munkelt im Saal, das Kronprinzenpaar sei auch hier, da Mette Marit und besonders ihr Gatte Haakon große Fans der Band seien. Auf eine Limousine wird aber verzichtet, man mischt sich inkognito unters Volk. Dafür sieht man hr-Fernsehkameras, die den Anfang des Konzerts filmen. Ansonsten waren Kameras nicht erlaubt, daher habe ich diesmal leider kein live-Bildmaterial zu bieten, vielleicht kann jemand was in den Kommentaren beisteuern. Ich platziere mich erstmal weiter hinten, auf luftiger Höhe des Merchstands, heute ein Devotionalien-Eldorado für Fans. Für mich gibt's einen Kutten-Aufnäher mit Totenkopf und den lateinischen Worten "Facete tumultum nun bellum" (kann das jemand übersetzen? Ich hab's nicht herausfinden können, hatte nie Latein). MOTORPSYCHO sind in Bestform, zu viert und können ihre psychedelischen Hintergrundvideos im Mousonturm in voller Größe auf Breitbild ausfahren. Ihr Spiel ist heute so extrem tight, der zweistimmige Gesang 1A synchron, so dass ich nicht weiß, ob ich sie jemals SO gut gesehen habe! Ich kann es kaum fassen. Die langhaarigen Frontmänner greifen gleich beide beim ersten Stück zur doppelhalsigen Gitarre, schwurbeln und rocken sich den Arsch ab, und das fast durchgängig mit recht treibenden Stücken, von denen ich allerdings nur eines namentlich erkenne ("A.S.F.E.", oops, ich bin unwürdig *g*). Auch wenn Hits wie z.B. "You lied" oder "Greener" heute fehlen - die Setlist variiert auf der Tour sehr -, bekommt die umfassende Jam-Stimmung dadurch etwas ganz besonderes. Zwischendurch gibt es zwar auch mal einen ruhigeren Song, aber die meiste Zeit kann man sich völlig gehen lassen und beschwingt mit den Haaren hin und her schaukeln. Begleitet von den hypnotischen bewegt-Blubber-/Waberbildern (mit Augen drin *g*) schwellen die Songs mal zur großen Lautstärke an und dann wieder ab bis in die endlose Weite der extrem leise ans Ufer schwappenden Tonwellen. Nach einem besonders langen Stück ruft jemand in der Sekunde der absoluten Stille (ganz kurz bevor der Applaus einsetzt) ein lautes "Thank youuuu!!" hinein. Das war nett :-) MOTORPSYCHO revanchieren sich mit ein paar kurzen "hey, wie geht's?"-Ansagen (man kramt kurz nach deutschen Ausdrücken, bis man das richtige gefunden hat), um aber gleich weiter zu rocken, und das ganze wie üblich mehr als zweieinhalb Stunden lang! Nur ein Unbekannter bringt mich zwischendurch kurzfristig aus dem Faszinations-Konzept mit der Frage "Sind Sie Linkshänder?"Als ich das aber verneine, meint er "Wenn Sie applaudieren, ist immer die linke Hand oben. Sollten sie mal drüber nachdenken." Äh, ja. Er hat sogar Recht, das ist meine Stärkere, die so einen knackigeren Ton erzeugen kann. Trotzdem muss ich tatsächlich den restlichen Abend darüber nachdenken *nerv* und gehe zum Abschalten gegen Ende des Konzerts erstmal weiter nach vorne. Als Zugabe kommt die Ansage "We'd like to spend another fifteen minutes on a last song called...". Ich dachte erst an einen kleinen Scherz, war aber ihr voller Ernst. Der Sound ist von Anfang an laut genug aber auch sehr präzise im Mousonturm, so dass ich die Ohrenstöpsel gleich schon zu Beginn wieder wegpacken kann, um alles an Tönen an mich heranzulassen. Die Band ist heute unfassbar gut, ich bin sprachlos. Der Tag begann so verwundbar und grau, mittlerweile haben MOTORPSYCHO mich ganz in Watte verpackt, so dass ich durch Perfektion und Schönheit der Musik ein paarmal tatsächlich ein bisschen weinen musste. Norwegen, du wunderbare Soundlandschaft.

The Crucible
A Main Sonata
Mockingbird
Überpilgrim (Cover: "The Pilgrim" - Wishbone Ash)
Song for a Bro
On my Pillow
Mad Sun
ASFE
The Tower
Ptzar
Bonny Lee
Mountain
Fool's Gold

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Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Jackson Browne @ Jahrhunderthalle
Review
JACKSON BROWNEs Bruder ist in Frankfurt geboren (er selbst in Heidelberg), daher widmet er ihm diesen Abend. Es ist 15 Jahre her, dass er in Frankfurt war. 6 weitere Musiker stehen mit ihm auf der Bühne: Bob Glaub (Bass), Mauricio Lewak (Drums), Jeff Young (Hammond Orgel, Piano, Akkordeon), Alethea Mills (Background Vocals), Greg Leisz (Guitarre, Pedal Steel) and Shane Fontayne (Guitarre, Mandoline) tun ihr Bestes, um einen unvergesslichen Abend draus zu machen. Ich glaube, diesmal bin ich wirklich in das vielbetitelte „Time-Tunnel-Wurmloch“ gefallen. Mit 16 hab ich seine „Running on empty“-LP per Zufall auf dem Flohmarkt gekauft und was soll ich sagen - sie hat mich geprägt. Ist mir nicht peinlich. Mit Texten über das Leben auf und hinter der Bühne, sowas hat mich schon als Teenie fasziniert und Bilder im Kopf fabriziert (außerdem hatten wir die kleine düstere Verbundenheit, dass seine damalige Frau an meinem (!) Geburtstag Selbstmord beging). Ach, manchmal muss man eben auch mal dem Mainstream der Vergangenheit fröhnen dürfen. Und die Zeit ist stehengeblieben, es hat sich irgendwie nichts geändert. Weder der ewig-herausgewachsene-Stufenhaarschnitt von Jackson Browne, (der auf Entfernung ohnehin nur halb so alt aussieht wie er ist), noch der perfekte Sound oder eben die extrem guten Musiker. Allesamt Jeansträger in schwarz & grau, nur in Szene gesetzt mit einzelnen hellen oder farbigen Spots auf der Bühne, kein Schnickschnack, bestuhlte Halle, aber Publikum, das nicht auf den Plätzen zu halten ist und vor Begeisterung aufstehen muss. Irgendwann arten die Zwischenrufe (Songtitel) aus und Jackson Browne gibt sich dem Schicksal hin („Now I totally gave up my personal will“) und kriegt es tatsächlich fertig, die gerade umgehängte Gitarre wieder wegzustellen und zum Piano zu rennen, um Wünsche SOFORT als nächstes Lied zu erfüllen. Sowas hab ich bei alten Profis noch nie gesehen. Kein exakt durchgeplantes Konzert, sondern man lässt sich treiben und geht auf sehr Persönliches „von jetzt auf gleich“ ein. Jackson Browne ist ohnehin ein wahnsinnig netter, bodenständiger, witziger und politisch engagierter Mensch, der es sich in einem 3-stündigen Konzert (ohne Vorgruppe) auch nicht nehmen lässt, sich für die Rettung der Ozeane vor dem Plastikmüll zu engagieren und uns bittet, dies ebenfalls zu tun. Ein bißchen Sendungsbewusstsein muss sein. Er erzählt uns Stories, wie es zu seinen Liedern kam (zB wie die Erben von Woody Guthrie ihn gebeten haben, einen Brief an dessen Frau posthum zu vertonen), bedankt sich des öfteren für das lebhafte Publikum („Frankfurt, there is something going on here, tonight.“), er entschuldigt sich grinsend, bei jedem Song eine neue Gitarre zu benutzen („sorry, this is no guitar presentation show, but each one does a different JOB“), er kommuniziert mit dem Publikum und auch wenn er mal eine Textzeile kurz vergisst, weil er den spontan gewünschten Song („Yeah yeah“) schon 20 Jahre nicht mehr gespielt hat, ist das nur menschlich und er fängt die Strophe einfach von vorne an. So gehen 3 volle Stunden ins Land, bis sich das Programm dem Ende neigt. Natürlich nicht ohne 2x zu Zugaben wieder herauszukommen. Ich fühle mich in die 80er zurückversetzt, oder die 70er, als er noch im hippie-esken Laurel Canyon wohnte. Es gab bisher kaum jemals ein Konzert, bei dem mir die Tränen kamen, aber bei „Running on empty“ sowie „The load out“ war das nicht mehr zu verhindern. Einige Textpassagen werden bei Letzterem der Zeit oder dem Ort angepasst (Reggae statt Disco, München statt Chicago, Marlene Dietrich statt Richard Pryor). Beim obligatorisch nachfolgenden Hit „Stay (just a little bit longer)“ darf nicht nur die Background-Sängerin ein wenig schmettern, sondern auch der Soulman an den Keyboards noch ein Solo singen, um die schräge Falsetto Stimme der bekannten live-Version von David Lindley etwas harmonischer zu ersetzen. Die ersten 500 Leute in den vorderen Reihen standen eh längst tanzend am Bühnenrand und beim Verlassen der Halle hatte jemand sein „Stay“-Schild einfach an den Eingang gehängt, was einen nochmal schmunzeln ließ. Ja, die Band hätte ruhig noch etwas bleiben können. . . Eine dankbare Sonntagnacht, die nur noch durch einen sommerlichen Open-Air Auftritt des Ganzen (wie vor mehr als 20 Jahren in Kiel) zu toppen gewesen wäre.

• The Barricades of Heaven
• Just Say Yeah
• The Long Way Around
• Leaving Winslow
• These Days (Nico Cover)
• For Everyman
• I'm Alive
• You Know the Night
• Yeah Yeah
• For a Dancer
• Fountain of Sorrow

• Your Bright Baby Blues
• Which Side?
• If I Could Be Anywhere
• Mutineer (Warren Zevon cover)
• Doctor My Eyes
• Looking East
• I Am a Patriot
• Boulevard
• Somebody's Baby
• The Pretender
• Running on Empty
• Encore:
• Take It Easy (Eagles cover)
• Our Lady of the Well
• Encore 2:
• The Load-Out
• Stay

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Caren.
14th Jul 2024
Live Music
NightStalker @ Yachtklub
Review
Hoch die Hände, langes Wochenende! Den Auftakt machen in der letzten Aprilwoche die lang ersehnten NIGHTSTALKER aus Griechenland, auf die ich schon seit ein paar Jahren warte. Das tolle Artwork der neuen Scheibe „As above so below“ prangt mittlerweile in meinem Wohnzimmer als Riesenposter, auf dem Cover des lila Vinyls und als T-Shirt in meiner Sammlung. Geil, im wahrsten Sinne. Psychedelischer Stonerrock vom feinsten, mit zauseligen Frisuren und ner Menge Jahre auf dem Buckel, denn (was ich vorher nicht wusste) die Band gibt es nun schon seit 28 Jahren! Wow. Damals hat der Sänger noch nebenbei Schlagzeug gespielt, heute schwingt er nur noch die grauen Robert-Plant-Locken, ab und zu seine volltätowierten Arme, diverse Rasseln und natürlich das Mikro. Leider ist das Wetter für einen Sommerabend auf dem Bootsdeck mit offenen Türen noch nicht warm genug, aber drinnen um die Bühne ist es heiß, da die Bude voll ist. Ein paar Aufpasser haben Mühe, die hereindrängenden Leute nicht über die Amps am Boden stolpern zu lassen und Abstand zu garantieren.
Einige kennen eher die Vorgruppe BUSHFIRE, die ja auch hier aus der Gegend ist ☺ Nicht minder rockig mit Heavy Blues, Stonerzeugs und einem recht großen Tier als Sänger mit lauter Stimme fangen sie auch ziemlich zeitig an. Er wirkt optisch fast wie ein alternder Jim Morrison in seiner späten Phase, oder wie ein Prediger. Wie immer ist der Raum so dunkel, dass man kaum etwas aufs Foto bekommt, aber die Band hat zumindest einen Leuchtkasten mit Bandlogo aufgestellt, vor dem der kleine rothaarige Gitarrist mit Karohemd und Hut seine Show zelebriert. Vollbart tragen sie alle, das passt ja auch zur Mucke, die vortrefflich ankommt. Das Bier wird nicht nur auf der Bühne abgefeiert. Am Anfang der NIGHTSTALKER Show dachte ich erst, ich würde BUSHFIRE sogar ein kleines bisschen besser finden, aber das kann man relativieren. Auch die etwas zerbrechlichere Stimme des NIGHTSTALKER Sänger passt hervorragend zum Stoner-Sound, Hits wie „Zombie Hour“ oder „Forever stoned“ von der neuen Scheibe „As above so below“ spielen sie recht früh, aber es gibt ja genügend Material. Auch der BUSHFIRE Sänger darf nochmal einsteigen bei einem Duett, was richtig gut passt. Die Stoner-Gemeinde ist fast vollzählig anwesend, super Stimmung, es wird geschwitzt und die Matte geschwungen, bis es tropft. Im wahrsten Sinne. Laut wars - dunkel wars - toll wars. „Aaaah-huuuu! Zombie hour!“

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Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Ozric Tentacles @ Das Bett
Review
Ganze 11 (!) Jahre musste ich warten, um die OZRIC TENTACLES wiederzusehen. Zwischenzeitlich wurde die Band von Familien- und Wohnkatastrophen gebeutelt (Tod, Feuer, Überschwemmung der alten Wassermühle auf ihrem riesigen englischen Grundstück), so dass eine Tour sowie eine neue LP mehrmals verschoben werden mussten. Nun waren sie aber endlich für 1 einziges Konzert in Deutschland, also trafen sich die Jünger um die englische Hippie-Kommune im Frankfurter Bett für eine Licht- und Soundorgie, die fast 3 Stunden dauern sollte. Space Rock galore, gewürzt mit Dub-Elementen und seliger Mimik. Die 5-Saiter-Bassistin ist gut gelaunt, barfuß und hat alle lieb, sie sagt dann auch die Vorband aus Tel Aviv an, PROJECT RnL sind entzückt von der Menge an Zuschauern, die ihnen viel Applaus spenden und ihre ausufernden Eskapaden in den Frickel-Jazzrock à la KING CRIMSON honorieren. Allesamt Könner ihrer Instrumente (und Stimme), soviel steht fest. Da werden sogar schräge Coverversionen von Eminem (oder auch „Moves like Jagger“) eingebaut und gekonnt verjazzt. Der Gitarrist spielt eine unförmige Fretless-Klampfe mit kleinem asymetrischen Korpus, der Keyboarder und Zweitsänger hüpft gern und macht einige Ansagen. Z.B. dass manchmal nur 4 Leute bei ihren Konzerten im Raum sind und sie sich heute richtig freuen, bei so viel Publikum auf die Pauke zu hauen. Das tun dann auch gegen Ende des Gigs alle Bandmitglieder und trommeln miteinander, jeder hat ein Schlagwerk vor sich stehen. Der Support-Gig ist meines Erachtens etwas lang geraten, das ist fast ein volles Set mit 10 Stücken. Kommt aber sehr gut an.

Dem können die OZRICS natürlich noch eins draufsetzen, denn sie sind dafür bekannt, lange Gigs abzureißen. Das hypnotische Element verändert sich immer wieder in verschiedenen Rhythmen und wird nie langweilig, trotz dem alles nur instrumental ohne Gesang abläuft. Der Sound ist Spitzenklasse. Manchmal sind es nur leise Tupfen, manchmal walzt sich ein elektronischer Teppich über einzelne Songparts. Bestimmt ein Flokati. Der Hippie-Charakter kommt nicht zu kurz, ob klamottentechnisch oder der bunten Bühnenbilder wegen. Auch der Mann am Merch-Stand geht dermaßen bei den Songs mit, dass es eine Freude ist. Er erklärt mir noch, dass beim Download-Code des neuesten Vinyls sogar unterschiedliche Abmischungen zu entdecken sind und weshalb er die Scheibe auch sonst am meisten empfehlen würde. Ein nettes Völkchen, allesamt. Da es am Ende schon gegen 1:00 ist, muss ich allerdings zur letzten Bahn hetzen, sonst hätten die Ozrics bestimmt noch ihre Unterschriften zwischen die psychedelischen Muster auf meiner LP gequetscht. „Technicians of the sacred“, damit ist bestimmt ein bestimmter gemeint, der Mann am Computer (der die Lightshow mit verschwurbelten Mustern und Bubbledias bastelt) ist einer der "Bandmitglieder" der 1. Stunde aus den 80ern, wie mir ein für-die-Band-weit-gereister-Fan vor Ort erzählt, der mich auf mein altes Bandshirt anspricht. Toll, dass es solche mitreisenden Fans noch gibt. Er will in der Nacht noch nach Dortmund zurücktrampen. I really hope he made it... ☺

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Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Faith No More @ Grosse Freiheit 36
Review
Die Top Phase des Crossover bekam u.a. mit Faith No More einen würdigen Vertreter. Das hatte Energie und war irgendwie neu, auch wenn die Rap Anklänge nicht gleich bei allen gutgeheißen wurden. Wir kannten jedenfalls nur „We care a lot“, bzw. die dazugehörige Scheibe „Introduce yourself“, wovon maximal noch „Chinese arithmetic“ richtig überzeugte. Aber live waren die Jungs spaßig anzusehen, mit den typischen halblang-Hosen, Käppies und langen Haaren. Mike Patton war noch ganz neu in der Band seit diesem Jahr. Der Gig war wirklich überzeugend, der Bass krachte und die Leute gingen ab. Leider hab ich nix mehr von der Vorgruppe im Kopp. Als sie dann 2 Tage später im Berliner "Loft" spielten, fiel an anderer Ecke die Mauer und sie machten die Durchsage auf der Bühne "Die Mauer ist weg! Die Mauer ist weg!". Hätten sie die Gunst der Stunde genutzt, um z.B. "Falling to pieces" auf der Straße zu performen, hätten sie dem Dumm-Hasselhoff vielleicht den Rang abgelaufen... ;-)

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Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Bang @ Yachtklub
Review
Eine Legende ist in der Stadt und alle netten Leute, die man normalerweise aus sämtlichen Frankfurter Plattenläden kennt, kommen gelaufen. Oder „die üblichen Verdächtigen, die man auf vielen Alt-Rocker/Psychedelia Konzerten sieht. Kenner unter sich. Leider fallen die angekündigten POWDER FOR PIGEONS heute als Vorgruppe aus, daher wird die Vorglüh-Phase ein wenig verlängert. Schade, dass es nicht etwas voller ist, da die Frankfurter Eintracht zeitgleich das Champions-League Endspiel am heutigen Samstag in Berlin antritt und wohl viele im Stadion oder vor der Glotze hängen. BANG! haben das am Rande mitbekommen, wissen aber nicht so recht, worum es geht: „I hope Germany (!) wins tonight at this football-, soccer- whatever thing, sorry, I don’t know much, we’re Americans.“ – ähm, ja, irgendein deutsches Team wird wohl gewinnen ;-) Egal, die Herren von BANG! sind einfach knuffig, und so nahbar. Sie wollen auch unbedingt hinterher noch mit am Tisch sitzen oder unterschreiben mehr als bereitwillig meine gerade gekaufte LP, da sich mir Sätze von anderen einprägen wie „die wird man bestimmt nie wieder zu sehen bekommen – wie alt sind die eigentlich?“. Naja, wenn man bedenkt, dass die aktive Phase ausschließlich Anfang der 70er stattgefunden hat? Damals sollten sie wohl als „next big thing“ bzw als „american Black Sabbath“ gehandelt werden, was aber auf längere Sicht nicht so ganz geklappt hat. Das hätte ihnen sicher gut gefallen. Ein Trio, zwei davon aus der Originalbesetzung, das sich dem Hardrock oder auch Psych Rock verschrieben hat, darf dann auch ein schönes verschnörkeltes Logo mit einer nackten Frau drauf haben. Sänger und Bassist Frank Ferrara trägt die Haare immer noch lang, die Rockerweste und die Jeans mit Schlag sind noch lang nicht eingemottet. Gitarrist Frank Glicken hingegen wirkt eher wie „der Erdkundelehrer von nebenan“, aber ebenfalls supernett. Ein wenig zaghaft fängt die Maschinerie an zu rocken und man kann gewisse Ähnlichkeiten zu Black Sabbath oder Led Zep tatsächlich nicht verleugnen. Ich glaube ich habe erst gar nicht begriffen, welchem Urgestein man hier gegenübersteht. Sie wirken irgendwie jung und frisch und freuen sich so, immer mal wieder zusammen zu spielen. Ferrara hat mehrere Drinks auf einem Barhocker neben sich stehen und will unbedingt mit mir anstoßen, da ich ganz vorne an seiner Seite stehe (leider leider ohne Fotoapparat heute). Außerdem hat er im dunklen Yachtklub einige Schwierigkeiten mit dem Licht, da er seine Saiten nicht sieht und mich fragt, ob ich nicht ein Feuerzeug für ihn anmachen könnte. Das hilft aber nicht viel und er dreht sich immer zum beleuchteten Schlagzeuger um (der einzige Neue bei BANG!, etwas jünger, hat früher u.a. bei Pentagram gespielt.) Dann endlich hilft im jemand, die Klappe eines abgedunkelten Deckenstrahlers aufzuklappen und endlich sieht er was. Ab da geht es nochmal richtig aufwärts mit dem Sound & Drive. Sehr gut! Ein Song widmen sie einer blinden Fan-Freundin im Publikum, die ganz vorne direkt vor dem Schlagzeug steht, und sich an der Stelle gut am Holzpfosten des Schiffes festhalten kann. Das wirkt alles sehr herzlich, auch als der Basser ein wenig mit seinem Gitarristen rumpost, oder hinter seinen Drummer steigt, um ihm zärtlich auf die Glatze zu klatschen. ☺ Alles echt witzige Leute unter der Spiegelkugel des Yachtklubs („hey, I think we never played on a boat before!“). Der Schlagzeuger hat während des Gigs ein paar Probleme mit der Wanderung der Bassdrum, so dass er sein Equipment ab und an etwas zurückschieben müsste. Am Ende des Abends ist er fast einen Meter weiter vorne gelandet, direkt vor den Füßen der Fans. Die Musik war echt mitreißend, rockig, krautig, heavy, mit wenigen bluesigen Parts, man sieht viele begeisterte Gesichter und einen geleerten Merchstand. Ich kann sogar noch das gespielte Bass-Plek abgreifen, bevor ich für jemanden ein gemeinsames Bandfoto machen soll, andere fragen nach der Playlist. Und weil’s draußen noch warm ist, halten die Bandmitglieder noch ganz lange am Tisch der Stoner-Rock-Gemeinde ein Schwätzchen und fühlen sich wie zuhause. Coole BANG!-„Jungs“ aus Philadelphia. Auf Klassenfahrt.

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Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Monster Magnet @ Batschkapp
Review
Yeah, Baby. MONSTER MAGNET, ich weiß gar nicht, zum wievielten Mal (10? 12? 13?), aber das könnte ich eigentlich auch ohne Probleme jeden Tag haben, gar kein Thema ;-) Es ist Sonntag und es gibt noch Karten an der Abendkasse und als wir reinkommen ist die Halle noch luftig leer, so dass man leicht nach vorne schlendern kann. In der ersten Reihe stehen 2 Mädels (zum Glück etwas kleiner als der Rest) und dahinter ist ein guter Platz. Als die Vorgruppe PUPPY spielt, merkt man, dass die beiden nur wegen diesem Trio gekommen sind, sie tragen Masken, die wohl zum LP-Cover “The Goat” passen und die Band bemerkt das, kommuniziert ein wenig mit ihnen und spielt ein recht langes Set aus Indierock und härteren Riffs. Für mich ist der Musikmix ein wenig undefinierbar, da bleibt irgendwie nicht so viel hängen, außer dass die helle Stimme des Sängers ein wenig an GHOST erinnert, aber auch noch an irgendwas anderes, jedenfalls nicht an NIRVANA, so wie man der Ankündigung entnehmen konnte. Der Drummer spielt ein auffallend kleines Schlagzeug (weiß mit roten Glitzerstreifen) welches er aber auf das Heftigste verdrischt, außerdem werden bevor sie anfangen 2 Leuchten rechts & links platziert, die durch flackerndes Licht und nach-oben-gepustetem-Stoff aussehen sollen wie Feuersäulen. Trotzdem ist das alles keineswegs zu poserhaft, eher merkwürdig. Mich kriegt das leider nicht so richtig, erklären kann ich’s nicht. Die Mädels jedoch sind nach dem Support zufrieden und ziehen mit den überreichten Drumsticks von dannen (!), so dass wir uns auf einmal ganz baff mittig vor Dave Wyndorf’s Mikroständer & Ventilator in der 1. Reihe befinden. Juppheidi. Die Pause gerät etwas zu lang, so dass man schon Pfiffe hört, die das Best of Black Sabbath Tape durchbrechen.
Dann ist aber endlich Bullgod-Rising und die Meute grölt. Mr. Wyndorf heute mal ohne Lederjacke, obwohl er ein paar Pfunde wieder drauf hat, aber das Alter entspannt ja mit Ü60 auch irgendwie, der Haupt-Gitarrist mit Sonnenbrille & Shirt mit eigenem Logo drauf (dachte immer, das wäre ein No-Go *g*), insgesamt sind sie zu fünft und machen guten Druck mit viel Fäuste-ballen, Haar im Wind, manchmal 3 Gitarren oder ausgebreiteten Armen, dazu eine stimmungsvolle Beleuchtung. Alles prima. Es werden auch mal ein paar Songs gespielt, die nicht unbedingt aus der Greatest-Hits-Kiste stammen, außerdem geht Dave wieder öfter als sonst nach hinten zum Drummer, um dort Gitarre zu spielen (oder zu Publikums-Animationszwecken seiner Klampfe “auf den Arsch zu hauen”) und Phil Caivano den Vortritt zum Solo zu lassen. Aber ansonsten spielt sich diesmal alles gut gelaunt 50cm vor unserer Nase ab. Man tanzt zusammen mit gierigen Händen, reckt die Pommesgabeln und kann sich prima an der Absperrung festhalten, ohne vom Moshpit überrant zu werden, was mal sehr angenehm ist. Vom letzten Album “Mindfucker” werden nur 2 Songs gespielt (ich hätte mir zB das längere “Drowning” sehr gewünscht), dafür gibt’s den “Space lord” diesmal nicht als Zugabe, sondern mittendrin und mit ner längeren Abhandlung über das Wort “motherfucker”, mit dem er seitdem immer so verknüpft wird (“it’s stupid, it’s vulgar, it means nothing and everything at the same time…”), also sollen wir den Part diesmal alle zusammen übernehmen. Ok, geht schon klar, kriegen wir hin, haben wir doch jedesmal geschafft. Die Menge tobt. Man sieht’s im Videolink. Als Zugabe hätte ich jetzt nicht unbedingt mit “Dinosaur vacume” gerechnet, aber “Power trip” macht natürlich auch nen Punkt, zumal ich das gleichnamige T-Shirt heute anhabe. “I’ll never gonna work another day in my life…!” Maybe, baby. Zur Krönung des Abends krieg ich dann noch das Plek von Mr. Wyndorf, ebenfalls mit MM Logo, und Gitarrist Garret Sweeny läuft uns in der Halle nochmal über den Weg zum Händeschütteln. Das war doch nett. Anschließend Abmarsch zum Superbowl gucken, schließlich muss man ja nicht arbeiten am nächsten Tag ☺

· Dopes to Infinity
· Rocket Freak
· Crop Circle
· Radiation Day
· Melt
· Look to Your Orb for the Warning
· Ego, the Living Planet
· When the Hammer Comes Down
· Negasonic Teenage Warhead
· Space Lord
Zugaben:
· CNN War Theme
· Dinosaur Vacume
· Powertrip

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Faber @ Gibson Club
Review
FABER, ein junger Schweizer, der zum ersten Mal in Frankfurt spielt, ist wahnsinnig erfreut, dass die Halle ausverkauft ist und er so viel Zuspruch bekommt – wäre er doch „mal eher hergekommen“. Aber gleich folgt der erste Seitenhieb an Frankfurt: „eure Stadt ist ja noch mehr snobby als bei uns in Zürich, cool“, sagt FABER mit einem Grinsen, als er ein bißchen von seinen Eindrücken am Tag erzählt und sich ein Glas Weißwein an die Seite stellt. Der Singer-Songwriter ist ein echter Senkrechtstarter, allerdings rollt er das Feld eher von hinten auf, ohne TV- oder Casting-Präsenz oder gar Mainstream, denn seine Texte sind schräger, immer einen Schlag derber als andere, manchmal sehr poetisch und manchmal ganz schön linksradikal. Vor wenigen Jahren durfte er mit SOPHIE HUNGER auf Reisen gehen. Seine aktuelle LP heißt wie die Tour „Sei ein Faber im Wind“, das sagt einem zwar nicht viel, die Textzeile aus dem Titelsong aber umso mehr: „Einer von uns beiden war ein Arschloch / und das warst du“. Soch. Weder steht er auf „Romantikscheiß“, noch auf „Brustbeinearschgesicht“ noch auf Nazischeiß („Besorgter Bürger, ich besorg’s dir auch gleich!“), da kotzt er gern mal etwas herum, um gleich im nächsten Moment doch nochmal die Kurve in Richtung schönerer Lyrik zu kratzen. „In Paris brennen Autos und in Zürich mein Kamin“... er mag nun mal die Gegensätze in Worten „Es ist 'n guter Tag. Der Himmel trägt sein bestes Grau und wir schauen den Leuten zu wie sie sich den Tag versauen.“ Und sowas bringt die Leute zum schmunzeln, zum mitsingen, zum schwelgen und zum tanzen. Denn auch musikalisch bringt er mit seiner ganzen Band streckenweise eine ziemliche Power auf die Bühne, die im Publikum immer wieder in hüpfenden Ausrastern eskaliert. Alles wechselt mehrmals hin und zurück von leisem Chanson zu heftigem Balkan-Beat. Generell sind die Leute super gut drauf (nicht nur weil Samstag ist) und sie sind erstaunlich textsicher. Mit Pauken und Posaunen, Cello und mehreren Gitarren wird da hantiert. Zwischendurch gibt’s immer mal einen Schluck aus dem Weißweinglas. FABER zelebriert das Leben. Auf dem E-Piano steht die obligatorische kleine zerknitterte Anarcho-Nachttischlampe mit seinem Namen drauf. Stimmlich kommen bei FABER immer wieder Parallelen zu AnnenMayKantereit in den Sinn, dieses rauhe, tiefe in der Stimme, das sich so schön im Gegenlicht bricht. Auf Ansage werden „erstmal gute, dann 2 weniger gute und am Schluss wieder richtig gute“ Songs gespielt. FABER mag den Dialog mit dem Publikum, stellt seine Mitspieler gern mal aus Jux mit wechselnden falschen Namen vor, kann auch ganz alleine Akustik-Sets spielen und muss vor allem wahnsinnig viele Zugaben geben. Die Begeisterung reißt nicht ab, mich hat der Abend auch erstaunlich mitgerissen, Hut ab, das hatte ich gar nicht so erwartet. Und gerade als jeder dachte, der Abend sei nun definitiv vorbei, schleicht sich die Band an der Seite nochmal im Dunkeln durchs Publikum und zwingt uns, alle in die Knie zu gehen. Sie stellen sich mit Klampfe, Posaune etc Rücken an Rücken in der Mitte des Raumes auf und fangen an, ohne Mikro den Partisanensong „Bella Ciao“ mit uns zusammen anzustimmen. Da FABER italienische Wurzeln hat, sind auch die Strophen für ihn kein Problem, für die meisten Fans allerdings schon, dafür ist der Mitgrölfaktor im Refrain umso extremer. Großes Kino. Und aufrichtige Verbundenheit macht sich breit, die die Leute selig in den noch sehr warmen Großstadtabend entlässt...

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Spidergawd @ Musik & Frieden
Review
Noch ein Grund am letzten März-WE (und nach meinem runden Geburtstag) in Berlin zu weilen, waren die Stonerrocker SPIDERGAWD aus Norwegen, an einem Samstag sollte der Abschluss der Europatour zusammen mit Vorband THULSA DOOM (NORWAY) dort den ultimativen Abriss besiegeln. Meine Lieblings-Besucherin aus Hannover begleitete mich, es ging wie schon vor 2 Tagen ins Musik & Frieden, gleich um die Ecke des Hotels, nachdem wir uns am Wasser in der Sonne eine Pulle Sekt hinter die Binde gegossen hatten.

Die Vorgruppe startet früh, bereits vor 19:30, als der Laden noch einige Lücken aufweist, aber die Jungs geben gleich alles. Ein optisch merkwürdig zusammengewürfelter Haufen an Möchtegern-Cowboys, Altrockern und Witzklischees gibt bei THULSA DOOM auf der Bühne alles, was sie an Sludge-, Sleeze- Rock und Stoner- Blues’n’Boogie Zeugs so aus der Schublade zaubern können. Gar nicht mal so gut. Harriet hält es nicht so lange wie mich auf dem Beobachtungsposten an der Wand, aber ich habe halswehtechnisch heute keinen Bock auf ne Zigarette und beobachte weiter das Treiben. Der glatzköpfige Drummer (der mir irgendwoher bekannt vorkommt) sitzt VOR der Bühne, unten, eingezäunt in Metallabsperrungen – ok, bei SPIDERGAWD wird das Schlagzeug auch immer mittig nach vorne platziert, daher mache ich mir keine großen Gedanken. Besonders der kleine Sänger mit herausgewachsener Fönfrisur und Profilneurose hat allerdings echt Hummeln im Hintern. Und er wird anscheinend gern fotografiert, denn ein Profifotograf wieselt permanent an den Absperrungen herum, über die der Sänger auch gleich erstmal drüberklettert (inclusive Mikroständer!), gar nicht so einfach, um – nie um Ansagen & Witze verlegen – auf den Tresen am anderen Ende des Saals zu steigen & von dort ein Lied zu schmettern. Am liebsten würde er sich sicher von den Leuten zurück auf die Bühne tragen lassen, das klappt aber noch nicht so wirklich (es ist immer noch nicht voll genug, und wir auch nicht). Er wird es definitiv am Ende des Abends sein, denn er betont mehrmals (!) dass sie nach dem Gig definitiv an der Bar zu finden sein werden „for a drink with YOU, and this is NOT AN OPTION – this is MANDATORY!!“ So! Naja, gut. Nee, du, lass mal. Irgendwie...

Noch habe ich Hoffnungen, dass uns bei SPIDERGAWD Besseres erwartet. Musikalisch tut es das auch – a propos „tut“: ja, ihr Altsaxophon haben sie natürlich wieder dabei. Eine der wenigen Bands überhaupt, bei denen ich ein Blasinstrument gern ertrage, denn dieses wird bei ihnen eher wie eine tief gestimmte Gitarre eingesetzt und quietscht nicht so über alles drüber. Mehrere Bandmitglieder singen abwechselnd, der eine von ihnen sieht nicht mehr ganz so extrem aus wie Josh Homme, dafür gibt es auch hier sehr unterschiedliche Typen und einen sehr quirligen Drummer, der ständig beim Spielen aufsteht und am Ende des Abends immer irgendwo am Bein verletzt ist. Sie geben alles. Leider tut dies auch das Soundsystem. Es ist so unerträglich laut, dass alles zu einem Brei verschwimmt und körperlich weh tut! Zum Glück habe ich Ohrstöpsel, aber die muss ich auch so extrem tief ins Ohr drücken, dass der Brei auch noch ziemlich dumpf wird und irgendwie überhaupt keinen Spaß mehr macht. Wir wechseln mehrfach alle Positionen im Raum „vielleicht ist es hinten besser“/“vielleicht ist es ganz vorne besser“, aber vorne neben dem Schlagzeuger hört man erst recht nix mehr, schon gar nicht vom Gesang. Alles komplett undifferenziert und viel zu laut. Bei den YOUNG GODS zwei Tage vorher an gleicher Stelle war es 1000x besser! Schade, das habe ich auch bei SPIDERGAWD schon um ein mehrfaches besser erlebt (letztes Mal im Nachtleben FFM zB trotz hoher Lautstärke). Das alles hat uns hier leider ziemlich die Suppe verhagelt und wir bleiben lieber hinten, wo es nicht ganz so schmerzt, aber von wo wir dann auch nichts mehr sehen können. Mein Lieblingslied „Is this love?“ nehme ich trotzdem als vorletzten Song noch wahr, das ist eine kleine Versöhnung. Während der Bandleader auf der Bühne zum Handy greift, um uns mitzuteilen „Oh, my wife is now ALMOST entering Berlin, I think she’s near...“ Wird sie’s noch zum Gig schaffen? Wohl kaum. Aber abholen kann sie ihn ja. Ist schließlich Tour-Ende und ein paar Saufköppe aus der Vorband wollen bestimmt auch mit nach Norwegen zurückfahren ;-)

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
The Devils @ Feinstaub
Review
Eine Samstagabend-Show der besonderen Art erwartet uns im knackevollen Feinstaub. Vielleicht hat das aufreizende Bandplakat der sexy Nonne auf dem Motorrad ein paar mehr Leute hinter dem Ofen hervorgelockt? Man muss zwar relativ lang bis zum Start warten, aber am Ende ist eine volle Stunde mit dem “Voodoo Rhythm Blasphemic Trash Rock’n’Roll Duo” dann doch ausreichend, um sich mit aufgeklappter Kinnlade und einem Grinsen im Gesicht die Zeit bei einem hochprozentigen Getränk zu vertreiben. Das musikalische Paar aus Neapel dürfte in seiner Heimat vielleicht ein paar mehr Probleme bei Auftritten bekommen, wenn man das Bild der Bassdrum genauer betrachtet und mit Sätzen wie “Satan bless you” kokettiert, aber sie ziehen ihr Klischee eiskalt durch. Die Frau am Schlagzeug erscheint im Nonnenschleier & mit Sonnenbrille, zerrissenen Netzstrümpfen und knallrotem Lippenstift sowie Lack-Overknees und mit einem überdimensionalem schwarzen Gummidildo in der Hand, den sie erstmal demonstrativ auf ihre Bassdrum schnallt. Ihr Partner an der Gitarre mimt den Derwisch am Mikro. Die Musik ist überwiegend lauter schneller Trash-Beat, der auf die Dauer etwas gleichförmig wirkt, aber das machen sie halt durch ein paar Showelemente wieder wett. Sie greift sich mal lustvoll zwischen die Beine oder leckt am Gummiknüppel, er springt auf den Tresen und spielt von dort, schüttelt die gegelten Haarsträhnen, stellt sich zum Singen hinter die Bar (während die Gäste mit seinem Gitarrenkabel kämpfen), versucht die Amps ein wenig umzureißen und schmeisst sich am Ende auch mal auf den Boden, während sie sich auf sein Gesicht hockt. Um Punkt 22:00 ist der teuflische Spuk dann vorbei. In einer kleinen Kneipe ist so eine kleine böse Show durchaus witzig mitzuerleben, auf der großen Bühne könnte man sich das eher nicht so unbedingt vorstellen. Auch die Musik allein macht den Bock nicht fett (auf Platte bräuchte ich das jetzt nicht unbedingt ständing hören), aber wenn die Optik stimmt, verzeiht man vieles. Spaßige Aktion für kleines Geld im Dirty Rock’n’Roll Universum!

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
R.E.M. @ Grosse Freiheit 36
Review
In Hamburg ist die Hölle los. REM haben gerade ersten weltweiten Major-Erfolg mit ihrer „Green“ Scheibe und die Leute (meist Amis) auf der Reeperbahn laufen sogar den Autos hinterher, um nicht nach Freiern, sondern nach Konzertkarten zu fragen. Keine Chance, restlos ausverkauft! Wir sind dafür schließlich 100 Kilometer gefahren, verzichten auf 200 DM Belohnung der anbiedernden Amifans und freuen uns auf ein lang erwartetes Konzert, das aus Krankheitsgründen (Bill Berry) von Mitte Mai auf Ende Juni verlegt worden war. Damals galt noch das per Kugelschreiber korrigierte Datum auf dem Ticket. Als Support spielen schließlich auch noch die GO-BETWEENS auf ihrer letzten Tour vor der plötzlichen Auflösung. Ich kannte damals von ihnen nur meinen Namensvetter-Kult-Hit „Karen“. Der Rest des Abends ist Legende - aus persönlichen Gründen ;-) Ich entschuldige mich im Nachhinein für die spontanen Unannehmlichkeiten der umstehenden Pärchenhasser im Publikum. Je ne regrette rien.
Set: Finest Worksong / Exhuming McCarthy / Pop Song 89 / Turn You Inside-Out / Cuyahoga / Disturbance At The Heron House / Orange Crush / Feeling Gravitys Pull / King Of Birds / Sitting Still / World Leader Pretend / Begin The Begin / Rotary Ten / I Believe / It's The End Of The World As We Know It (And I Feel Fine) / Get Up 
Zugabe 1: Stand / Belong / Life And How To Live It / You Are The Everything 
Zugabe 2: Ghost Rider / These Days / Perfect Circle / Dark Globe / After Hours

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
The Cure @ Alsterdorfer Sporthalle
plainsong

pictures of you

closedown

kyoto song

a night like this

just like heaven

last dance

fascination street

cold

charlotte sometimes

the walk

a forest

in between days

the same deep water as you

prayers for rain

disintegration
+
lullaby

close to me

let's go to bed

why can't i be you
+
three imaginary boys

boys don't cry

faith
+
homesick

untitled

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Porcupine Tree @ Schlossgarten Schwetzingen
Review
Es war das letzte PORCUPINE TREE Konzert der Tour, vielleicht das letzte ever. Sie wollen sich die Tür offen lassen, «no pressure, no contracts, no more of the same over and over». Das Wort «Prog» mögen sie eigentlich auch nicht, weil es zu altertümlich wirkt. STEVEN WILSONs unzähligen Solowerken war es schon seit einiger Zeit anzumerken, dass die elektrischen Sprenkel immer mehr Einzug nahmen und gerade deswegen haben so viele Fans der lauteren Gitarrentöne immer wieder eine Reunion von PORCUPINE TREE herbeigesehnt. Die Band ist eben für viele eine Herzensangelegenheit.

Mittags konnte man schon den Soundcheck hören – Bassist Nate Navarro musste nämlich aus familiären Gründen die Tour abbrechen und wurde vom Band dazugemischt, da musste natürlich alles stimmen. Doch prompt zu Beginn der Show weinte der Himmel nun doch ein wenig. Steven Wilson fand das jedoch passend zum traurigen Anlass und zum Glück brach die meiste Zeit der Himmel wieder auf. Eine ältere Frau mit weißen Haaren neben mir lag die meiste Zeit langgestreckt und unbeeindruckt auf dem nassen Rasen! Die wollte alles fühlen. Wir hatten uns «Front of stage»-Tickets gegönnt, eine weise Entscheidung, alles war sehr friedlich und überschaubar dort. Nur die Security-Leute hatten einiges zu tun, um die Leute davon abzuhalten, ihr Handy zu zücken, denn es galt absolutes Fotoverbot.

Steven Wilson war extrem gut drauf, wie immer barfuß, ziemlich gesprächig & ironisch witzig. Er nahm zwischendurch die Leute unter die Lupe, die verschiedenste PORCUPINE TREE Shirts aus allen Epochen trugen und sprach auch einen Kuttenträger in der 1. Reihe auf seine vielseitigen Musikerlebnisse an, die er so mit sich trug, die Kamera hielt drauf, der grinste nur hinter seiner Pommesgabel und warf einen Kuss in die Runde. Es wurde auch gefragt, ob irgendjemand bei dem anfänglichen Konzert damals in München war, zu dem nur 30 Leute kamen, nun, heute waren es ein paar tausend. Auch die aktuellste Scheibe der Band («Closure/Continuation», wie bezeichnend!) hat richtig gute Stücke vorzuweisen, von denen viele in der Setlist landeten. Insgesamt eine großartige Mischung aus lauten, hypnotischen und leiseren Passagen, vom brachial-epischen «Anesthetize» mit über 15 Minuten (über das ich mich extrem gefreut habe, weil es DAS Stück war, mit dem ich die Band damals kennenlernte) bishin zu Stücken mit Akustik-Gitarre oder Piano war alles dabei. Und alle haben dann doch verbotenerweise am Schluß bei «Collapse the light into earth» ihre Handy-Lichter als «Feuerzeug-Meer» angeschaltet. Die Ordner waren überfordert und mussten selbst grinsen ;-)
In der Mitte des Sets gab es eine eine Pause von 20 Minuten (was ich ungewöhnlich für ein Open Air Konzert fand). Leider fing es genau da an zu schütten wie nichts Gutes, so dass auch zwischenzeitlich die Kamera/Leinwand ausfiel und alle Monitorboxen etc weiter nach hinten unters Dach gezogen werden mussten, damit nicht alles nass pladderte. Ich hätte nur noch drauf gewartet, dass Wilson auf dem rutschigen Boden barfuß plötzlich hinklatscht. Ist aber alles gut gegangen.
Die Leute wirkten extrem textsicher, wurden aufgefordert, bei «Sound of Muzak» mitzusingen, und sie fanden auch den richtigen Einsatz bei «Trains», in dem es ganz am Ende ein einstimmig mitgesungenes (I’m dying of love…) «IT’S OK.» mit Gänsehauteffekt gab. Angekündigt wurde das Lied als «our song that comes closest to a kind of hit-single, this is «Sweet home Alabama»…. haha…».
Insgesamt war alles absolut großartig & überwältigend, zweieinhalb Stunden, die man so schnell nicht vergessen wird. Es sind garantiert im gesamten Publikum so einige Tränen vor Rührung geflossen und man hörte desöfteren ein «I love you!!» in die Stille hinein. Der einzige Wermutstropfen für mich war, dass ich so weit an der Seite stand, dass ich die Lichtinstallationen am Bühnenhintergrund kaum gesehen hab, aber einen Tod muss man halt sterben. Und auf der ewigen Liste der letzten Wünsche standen PORCUPINE TREE sowieso, das reicht auch als reiner Audio-Genuss. Basta.

Zurück an der open-end-Hotel-Bar gab es dann noch 1-2 gemütliche überteuerte Bierchen mit 4-5 anderen Musiknerds, die ebenfalls auf dem Konzert gewesen waren und aus allen Richtungen der Republik angereist waren. Auch wenn der Bar-Mann lieber Techno hörte statt Gitarre und uns gleich beim reinkommen anblökte mit «wir haben heute nur alkoholfreie Getränkeee!!» – wir erfuhren dann schnell lachend von den anderen «der ist immer so». Wusst ich’s doch – Scherzkeks. Er hat dann sogar noch ein neues Bierfass angestochen. Den Ohrwurm vom «Anesthetize» Refrain bekam ich 3 Tage lang nicht mehr weg.

Blackest eyes
Harridan
Of the new day
Mellotron scratch
Open car
Dignity
The sound of muzak
Last chance to evacuate planet earth before it is recycled
Chimera’s wreck
Herd culling
Anesthetize
I drive the hearse
Sleep together
Collapse the light into earth
Halo
Trains

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
David Bowie @ Alsterdorfer Sporthalle
Review
Es sollte wie eine Art „letzte best-of Tour“ verstanden werden, die Sound & Vision Aktion, bei dem man sich über Radiosender und über eine Hotline in mehreren Ländern die persönlichen Lieblingslieder von Bowie wünschen durfte, um so seine aktuelle Setlist zusammenzustellen. Im Radio spielte man am Konzerttag die Nr. 1 und eine best-of-Box gab es dazu als Neuveröffentlichung. Bowie Superstar war der großen Show etwas müde geworden und setzte nun ganz auf die Qualität seiner Musik, ohne viel Brimborium – ein letztes Mal mit alten Hits, bevor er sich „verändern“ wollte. Tin Machine war ebenfalls schon gegründet. Schicke Konzertkarten mit Hologrammdruck gab’s auch. Allerdings lag ich leider etwas im Delirium, weil gerade eine fiebrige Grippe in mir wütete und mein Gedächtnis zum Schmelzen brachte. Trotzdem biss ich die Zähne zusammen, schließlich hatte ich Geld dafür bezahlt und die Gelegenheit meinen Helden zu sehen war selten genug. Wir ergatterten sogar Plätze recht weit vorne, was den Eindruck immer gut verstärkt. Mir kam auch alles viel kleiner vor, gar nicht wie die große Sporthalle. Er hatte gute Musiker im Gepäck (Adrian Belew!!) und war wie immer brilliant – diesmal ohne große Show drum herum, die ablenken könnte. Pure quality.

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Hodja @ Feinstaub
Review
Ein ganz besonderes Konzert ist mal wieder mitten in der Woche im Feinstaub. Angekündigt wird Musik zwischen John Spencer, Gospel und den Black Keys, dabei ist das Trio HODJA noch so viel mehr. Ein Konglomerat aus New York & Kopenhagen, Tom Waits meets Screaming Jay Hawkins, eigentlich wachsen in dem ‚angry black man from New York City’ alle Musikrichtungen, die man sich nur vorstellen kann – er singt über Dämonen & Verzweiflung, streut HipHop- und Punkelemente, über Soul, Americana bis Bluesrock – hier ist alles vertreten – und zwar mit einer Mimik, die alles ernst meint, jedenfalls beim Sänger mit tiefer Nackenfurche à la Marcellus Wallace, mit oder ohne dunkler Sonnenbrille, Rasseln & Schellenkranz sowie ausladenden Gesten im komplett vernebelten Feinstaub, das heute seinem Namen alle Ehre macht *hust, wedel. Im Kontrast dazu: Schlagzeuger F.W. Smolls mit Locken, Ansatzglatze & Vollbart, eher der Amish-Folk-Guy mit starrendem oder erstaunten Blick und dem Schalk im Nacken, der auch gern viele lustige Seitenhiebe aufs Publikum loslässt (bzw auf die wartende DJane hinter ihm, die ständig auf ihr Handy glotzt und gar nicht weiß, „wie hässlich das wirkt“), und an dem im wahrsten Sinne des Wortes ein Comedian verloren gegangen ist. Für mich der heimliche Star des Abends. Großes Kino, mit ganz viel Grinsen im vollen Laden. Heute fließt Whiskey-Cola in Strömen, auf und vor der Bühne, da wird auch gern mal persönlich geteilt, sobald die Nebelschwaden sich zwischendurch lichten und man wieder was sehen kann. Gegroovt wird recht ordentlich und die Band ist sehr dankbar an einem Mittwoch. Als der Gitarrist (ein eklektizistisches Tattoogebilde mit langem Haar und Basecap) aus Versehen eine Saite austauschen muss, gibt es den nächsten Schlagabtausch und der Drummer springt via Mitsingsong auf Robben Ford’s Klassiker „(Buy you a) Chevrolet“, nachdem 2 Songs vorher noch „Mercedes Benz“ angerissen wurde. Dazu schwenkt auch schon mal die Szenerie in einen funky Blues, um gleich danach wieder mit allen Beteiligten in ekstatisches Moshen überzugehen. Der Sänger mit der rauhen Stimme verlangt nach Wasser sowie nach einem weiteren Cola-Whisky. Die Wege zwischen Tresen und Bühne sind ja nicht weit, die Scheiben im Feinstaub sind beschlagen (und mit lauter Herzchen bemalt), die Handtücher haben einiges aufzusaugen... Ein erster Schlusspunkt nach über einer Stunde wird natürlich mit Zugabe-Rufen quittiert, wir haben doch noch fast 20 Minuten bis zur Bettruhe! Ok, 2 weitere Songs werden abgesprochen. Die Leute haben noch Bock, irgendwie ist heute mal wieder Klassentreffen, man sieht viele alte Bekannte. Als dann definitiv das Ende naht, greift sich der Drummer das Mikro am vorderen Bühnenrand, verlangt nach „just one sip of water, before I continue“ und leert die gereichte Flasche in einem Zug komplett aus. Dann beginnt seine Show mit dem Merchmaterial, da ja so ein kleiner Konzertraum nie genug Gage abwirft, aber man kann ihm einfach nicht böse sein. Demonstrativ öffnet er seinen Koffer, seine Geldbox und klemmt sich sämtliche HODJA-Scheiben unter den Arm, faltet die letzten 2 T-Shirts auseinander (sorry, only 2 women-L left“), wobei das Gebrauchtere heute für 20€ weggeht und das „Schönere“ schon für 15 zu haben ist – ah ja *g. Der Clou - als er demonstriert, was passiert, wenn sich seine Geldbox öffnet & schließt: – er switcht von perfektem English blitzschnell in perfektes Deutsch und zurück – allein seine Rechenbeispiele sind die Show wert (es gibt Zwischenrufe wie „best Merchguy eveeer!“) und die Leute kommen aus dem Lachen nicht mehr heraus. „Hier, diese Scheibe haben wir heute rauf und runter gespielt, die müsst ihr einfach als Andenken haben!“ – in gelbem Vinyl bekomme ich sie sogar aus Pleitegründen 5 € billiger und mein Versprechen „ich geh gleich noch Geld holen“ wird mit einem augenzwinkernden „fühl dich nicht verpflichtet“ abgewunken. Wenn ich erraten hätte aus welcher Stadt der ursprünglich kommt, hätte ich sie sogar umsonst bekommen (ein „Süd-Schleswig!“ vom Tresen lässt er nicht gelten). Der Kerl heißt nämlich eigentlich Matthias Klein, ist Deutscher und wohnt mittlerweile in Christiania/Kopenhagen Dänemark, aber man hätte ihn zu 100% für einen verschmitzten Ami gehalten. Einfach nette Jungs, die noch länger mit uns im Raucherraum abhängen und generell war das mal wieder einer dieser besonderen offenen Abende, an denen irgendwie alles passieren kann... Top. Danke für’s Organisieren!

✔︎ Helpful Review?

Caren.
14th Jul 2024
Live Music
Crobot @ Zoom Club
Review
Alter Schwede! Was war das denn für ein Wirbelsturm? Nichtsahnend geht man spontan zum Konzert zweier mir bis dato unbekannter Bands und man geht mit nem Dauergrinsen und der Gewissheit wieder raus, den richtigen Riecher gehabt zu haben und diesen Abend nicht wieder missen zu wollen!

Hier tobt der Spirit der 70er, nenn es Retro-Rock, nenn es Stoner-Blues mit Hardrock-Elementen, auf jeden Fall kommt die US-Vorgruppe CROBOT auch noch mit einem Arsch voller Funk daher! Es stampft, es rollt, es kocht über, die langen Haare fliegen. Beim Sänger mit der Jeansweste und Mutti’s Blümchenbluse ist schon ab der ersten Sekunde des ersten Songs Schleudertrauma-Alarm mit Groooove, Baby! Die können Party – und haben ständig den Schalk im Nacken, der bärtige Schlagzeuger trägt ein Einhorn-Shirt mit Regenbogen und der Bassist eins von Taylor Swift (und sieht selber so aus wie ein Mix zwischen Wolfmother & Salvatore Dali, mit seinem Jazzbass unter den Achseln, aber den Oberkörper zu 80% immer in Bodennähe gebeugt und mächtig in Action). Der Gitarrist kriegt den Preis für’s peinlichste Outfit: ein „Simply the best“-Tina-Turner Shirt und eine cherryrote Gitarre, die er versucht hat mit schwarzer Farbe auf alt zu trimmen hahaha. Er klettert auch gern aufs Schlagzeug, um ein paar Sprünge aufs Parkett zu legen. Sänger Brandon kann desöfteren mal dämonisch gucken, spielt kleine Machtspielchen mit seinem Mikroständer, den er mit seinen Händen „beschwört“. CROBOT haben eine volle Stunde Spielzeit und bauen viel neues Material ein, eine neue LP soll im September kommen. Dann kommen sie nochmal wieder. Wir auf jeden Fall auch. Eine absolut phantastische Liveband! Als der letzte Ton erklingt, geht der Applaus ab der ersten Sekunde in geschlossenes „Zugabe!“-Gebrüll über. Sowas hab ich selten erlebt. Frankfurt hat Bock zu rocken, da ist man schon ein bißchen stolz auf die „üblichen Verdächtigen der Gemeinde“, es werden immer mehr. Wie uns Sänger Brandon nach der Show bestätigt, hat auch er das nicht erwartet, heute ist der 1. Tag der zweiwöchigen Tour (sie spielen sogar aufm "Hellfest"), und er freut sich tierisch über so viel Begeisterung, in einem so kleinen Club und das mitten in der Woche, während einer Fußball-EM! (Ich warne ihn lieber vor morgen, da ein D-Spiel ist). Mit viel Spaß post die Band mit allen, die Fotos machen wollen, drücken uns und fragen nach unseren Namen. American sweethearts.

Ich weiß nicht, wer ihnen das übersetzt hat, aber auf dem Merchtisch steht ein kleiner Spendenkarton mit den Worten „Rudelbumsen € bitte - danke €“, *lol* als tatsächlich jemand was reinwirft, schmeißen sie sich weg vor Lachen.

Kurze Pause auf dem überfüllten Raucher-Balkon, und schon geht’s weiter mit MONSTER TRUCK aus Kanada. Ebenfalls mit ganz viel Seventies-Attitüde, Jeanswesten mit Aufnähern, lange Locken, psychedelic Typo und Sprüche wie „Don’t fuck with the truck“ auf den Fanshirts (das passt jetzt aber nicht zur Spendenbox *g*). Am Schlagzeug sitzt offenbar „Cool Steve“, wie riesengroß auf seiner Bassdrum prangt. Im Publikum könnten einige Mädels aus nem Film mit den Runaways stammen. Musikalisch hat MONSTER TRUCK etwas mehr Blueswurzeln, einen Orgelspieler, weniger bunte Klamotten, einen Bassplayer mit Leadvocals, einen quirligen Gitarristen mit nacktem Oberkörper & Prinz-von-St.Pauli-Bart, etwas mehr digge Eier und etwas längere psychedelic Bluesparts zur Mitte des Gigs. Dafür fliegen die Haare umso mehr bei den bekannteren Abgeh-Songs, die viele vom ersten Ton an bejubeln oder geschlossen die Melodien mitsingt. Am krassesten ist die gute Laune & der Zusammenhalt der Fans zu spüren, als nach dem 2. Song der PA-Stromkreis komplett ausfällt – Alptraum für die Musiker, ratlose Gesichter, trotzdem dankbares Gegrinse, weil der Publikums-Chor ununterbrochen ihren Song weitersingt, und das fast 10 Minuten lang, während neue Kabel verlegt werden! Das haben sie auch noch nicht erlebt, wie sie am Ende der Show sagen, und wenn, dann soll das bitteschön immer nur hier passieren, denn „you are good people. Really. This was fucking awesome.“ Ab da gibt es eh kein Halten mehr. Im Zoom ist die Deckenhöhe unwesentlich höher als bei mir zuhause, aber mehrere Stagediver machen trotzdem die Runde. Mitten in einem Song entern 4 Jungs die Bühne, setzen sich zwischen Schlagzeug und verdutztem Sänger der Reihe nach auf den Boden und bilden ein pantomimisches „Ruderboot“ für ein paar Takte – haha, das kannte ich auch noch nicht. Ein absolut denkwürdiger Abend, für alle Beteiligten. Helgaaaaaa! Hol uns ab! Der riesige Bandbus steht auch schon vor der Tür und hat ein sehr passendes Nummernschild: „GO 51 EEP“ – I’m sure they will „go sleep“ very well with the rest of the Rudelbumsen-Box. Rock’n’Roll.

Kleines Update: Crobot-Drummer Paul hat sich an dem Abend so sehr in eine meiner Bekannten verliebt, dass er mittlerweile in FFM wohnt, geheiratet hat und auch schon Nachwuchs da ist. Man wird sich noch desöfteren wiedertreffen. :-)

✔︎ Helpful Review?

Caren.
13th Jul 2024
Live Music
Smoke Blow @ Fabrik
Review
Kiel hat Sexappeal, das Konzert in Hamburg ist seit Monaten ausverkauft, es soll für SMOKE BLOW ein ultimativer Abschluss sein. Sänger Jack Letten alias Eric Cohen will nun auf der solo-Erfolgswelle weiterreiten, die ihn momentan in ungeahnte Höhen schwappt. Und ich nehme 5 Stunden Zugfahrt in Kauf, nur um die Vorgruppe zu sehen ;-) aber es lohnt sich. 

Beim Knochenmann klappert’s im Gebälk, eine selten geile Scheibe 2015 lässt eine Tour folgen, mehr Stoner, mehr Doom, mehr Haareschütteln, mehr laut/leise-Abwechslung in der Musik und 2016 folgt schon die nächste Scheibe, wahrscheinlich wieder in farblich extrem limitierter Sonderauflage. Ich stehe in der 1. Reihe und hab selten so viel gemosht auf einem Konzert. Kompliment. Großes Kino mit Kaputzenmann, buntem Design, schräger Gitarre und 3 dankbaren Akteuren, auch als ich mir das persönliche Lob am BONE MAN Merchstand nicht verkneifen kann und noch ein „Go Kiel yourself“-Shirt für kleines Geld in meinen Reisekoffer einsacke. A good crowd on a saturday night. Toller Gig!

SMOKE BLOW sehe ich mir danach lieber aus sicherer Entfernung an, zum Stagediven ist die Fabrik prädestiniert und zudem nun brechend voll, da kann man sich lieber auf der Galerie rund um den Saal tummeln und von oben zusehen, wie die Kuh fliegt. Die Bühne ist tief und hat keine Absperrung, daher geht ab der ersten Minute eine Flugshow sondergleichen ab, dazu mit jeder Menge Zeigefinger- und Pommesgabel-in-die-Luft-Recker. Die Band ist arschlaut und mir musikalisch schon lange ein wenig zu prollig/ACDC-lastig, mit 2 shoutenden Leuten am Mikro, die die Meute mit 15 Jahren eigener Musikgeschichte bishin zum „Rebell Yell“ Cover anfeuern. Ich besitze nur die Erstlinge von ca. 1999 (die mittlerweile erschreckenderweise als CD total teuer gehandelt werden), von damals, als ich auch noch in Kiel gewohnt hab. Lang ist’s her. Aber der Abend war ein würdiger und sehr bierseliger Abschluss einer Rocker-Karriere, die eigentlich schon mal vor 3 Jahren ihren Abschied fand. Ich bin dann schnell wieder mit meinem Koffer zum Bahnhof gerollert und nachts noch nach Lübeck gefahren, um in den Weihnachts-Heimaturlaub zu starten. So’n bisschen Ohrenpiepen kann man da ruhig mal mitnehmen. . .

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Caren.
13th Jul 2024
Live Music
And So I Watch You From Afar @ Schlachthof
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"Hello, my name is Henry and I play some music for you tonight" - sagt der schmächtige blutjunge Kerl, der ganz allein als Vorgruppe auf der Bühne steht. Dann geht's rund. Henry springt auf all seinen Effektgeräten herum (und er hat verdammt viele), tanzt, fuchtelt, dreht an Drumcomputer-Knöpfen und Rhythmus-Geräten, macht mehrere Loops gleichzeitig, spielt Gitarre, zappelt und schreit ins Mikro, dass man früher in den 70ern gesagt hätte "Gib dem Jungen KEIN Dolomiti mehr, der ist hyperaktiv!!" Man kann sich bildlich vorstellen, wie er seine wahnsinnige Performance im Kinderzimmer übt und Mutti kopfschüttelnd wieder rausgeht und leise die Tür schließt, weil sie das alles nicht versteht. Henry ist geradezu genial in seiner Musikalität. Nicht umsonst hat ihn das Spielen in einer Band nie zufriedengestellt - wie auch, er kann ja eh alles alleine. Gleichzeitig. Hammer-Auftritt, wir sind erstaunt. --- Er wird später auch noch zu einem gemeinsamen Lied mit ASIWYFA auf die Bühne zurückgeholt, die ihn sehr mögen. Außerdem hat auch noch der Tourmanager heute abend Geburtstag und sie möchten, dass wir seine Anwesenheit an so einem Tag genügend würdigen. 
ASIWYFA danach sind absolut großartig. Ein einziges Powerpaket kommt uns entgegen, der Ton schwillt an bis zum Bersten und wieder ab, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte. Ernsthaft. Eine solche Präzisionsarbeit gibt es selten. Trotz nur weniger Gesangsparts kommt keine Langeweile auf, ich möchte auch die Ohrstöpsel gar nichts vom Klang verdecken lassen. Brilliante Postrock-Band, die sich unglaublich gemausert hat und in der Liga der Mogwai, Long Distance Calling, Sleep Makes Waves, Tides From Nebula & God Is An Astronaut spätestens mit ihrer neuen Scheibe GANZ weit oben angekommen sind oder die anderen sogar überholt haben! Das war großes Kino der Fingerfertigkeit. Die Irländer können wirklich zusammenspielen. Schon das Logo fand ich immer extrem gut (die kleine Spitze, die ein bissssssschen drüber geht). Ohne Zugabe kommen sie auch nicht wieder raus. Das Kesselhaus war gut gefüllt. Das Publikum wird noch weiter wachsen, da bin ich sicher. . .

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Caren.
13th Jul 2024
Live Music
Strassenjungs @ Zoom Club
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Sodele, das letzte Konzert vor der Meno- äh Weihnachtspause. Und da hat der Nikolaus nochmal gaaaaanz weit den Sack aufgemacht in Richtung „Sauf-Rock für Nostalgiker“. Das Publikum aus derselben Kategorie (weitgehend eine Ü-40-Party) schmettert natürlich genüsslich die derben Volksweisen über Bier, Frauen, Sex und regionale Gegebenheiten mit, bis einem die Plattitüden „Krankfurt, Bankfurt, saufensaufensaufen, wichsen, Rock’n’Roll, Schnitzel und Alkohol“ nun doch zwischendurch mal aus den Ohren raushängen... Macht nix. Man gibt sich professionell und kann viel zu gut spielen für eine Punkband. Trotzdem haben alle Spaß, und das will man ja auch unterstützen, man muß eben auch das Niveau ab und zu mal „runter“schrauben können. 
Die Bombs haben eine neue Platte & „Schörts“ am Start (Analog Rebell), verkleiden sich alle paar Lieder mit Kostümen oder Perücken und rocken – übrigens bei extrem gutem Sound, Lob an den Tattoo-Tonmann des Zoom! – was die knarzenden Bühnenbretter halten. Sänger Biebl unterhält die Masse und ist immer für nen lockeren Scherz zu haben. Immer mit dabei: der gefüllte Hessen-Bembel mit der Klobürste, um am Anfang der Show die Zuschauer zu „segnen“. Als Gastauftritt darf Silke (Rocky) mitsingen, damit auch die Herren der Schöpfung ein bisschen was zu glotzen haben und nicht dauernd auf der Raucherterrasse abhängen müssen. Die Fans sind vollzählig erschienen, haben entweder alle schon Urlaub oder grad Weihnachtsfeier gehabt und dürfen daher Donnerstags mal ein Bierchen mehr trinken. Das Zoom ist also gut gefüllt, im wahrsten Sinne. 
Die Strassenjungs wirken anschließend doch ein wenig angeschlagen, die Haare sind gefärbt, mit Ü60 kann man irgendwann die Attitüde doch nicht mehr ganz authentisch rüberbringen, ohne dass der Zuschauer ein wenig mitleidig schmunzeln muss. Sänger Nils versucht aber mit ein paar Arm-Posen seine leicht kümmerliche Haltung zu umspielen. Alle Hits werden rausgeknattert, ohne Rücksicht auf Verluste oder zwischenzeitliche Index-Verbote der eigenen Scheiben. Natürlich darf da auch das ein oder andere Mal das Mikro in die pogende & fäuste-reckende Menge gehalten werden. Auf der Bühne steht zwar ein Kasten Bier, aber der ist nur halb leer geworden (wahrscheinlich von den Bornheim Bombs), bei den Straßenjungs entdecke ich jedenfalls nur Wasserflaschen rund ums Schlagzeug. Mir wirkt das ganze leider mit den Jahren einen Hauch zu sehr wie die Rodgau Monotones oder AC/DC, fehlerlos, lustig und alles nicht schlecht, aber letztendlich doch zu sehr Mainstream für einen Gig, der früher bestimmt mal positiv in die Magengrube treffen konnte.

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Caren.
13th Jul 2024
Live Music
Dinosaur Jr. @ Batschkapp
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Support aus HH: Trümmer (niedlich, 90ies, Hamburger Schule, aber belanglos).
Dinosaur in Urbesetzung, da werden Erinnerungen aus Studentenzeiten wach. Durch Zufall noch eine Karte ergattert (war schon ausverkauft) und erstaunt wie viele Lieder man doch wiedererkennt. Ok, die Jungs sagen nicht viel, aber dafür gibt's ja andere. Man sollte auch darüber hinwegsehen, dass Mascis eigentlich noch nie ein begnadeter Gitarrengott war, der jeden Ton trifft. Aber das Feeling zählt. Erstaunt hatte mich die Tatsache, daß einige Vinyl-Scheiben aus der Zeit bereits horrende Preise erzielen können. Manchmal lohnt sich das sammeln eben doch *g*.

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Caren.
13th Jul 2024
Live Music
Glasgow Coma Scale @ Jazzkeller Hofheim
Review
Was für eine positive Überraschung! Nicht nur dass der Jazzkeller in Hofheim eine prima Location ist, die man ganz easy mit der Bahn erreichen kann, auch die Konzerte dort sind sehr gut ausgesucht und nicht zu teuer. Die Vorgruppe ZEN TRIP mit richtig gutem OldSchool Psychedelic Rock war „extra 240 km aus dem Ruhrpott angereist“ (ja, sie haben es 3x wiederholt), hatte die Schlaghosen und Westen ausgepackt, den Hall aufs Mikro gelegt, die Haare wachsen lassen, die Gitarre im „very used“ look eingespielt und nen Orange-Amp mit leuchtendem Bandlogo ausgestattet. Auf dem Shirt der Hinweiser auf Heavy-Psych. Ja, passt. Ein Effektgerät ließ die Klampfe streckenweise parallel so klingen wie eine Hammond-Orgel, das war witzig. Der Basser mit dem Brusthaartoupé grinst in seinen Bart. Und Bandleader Bernd kann ganz Hendrix-like überm Kopp spielen, oder mit der Bierflasche auf den Saiten, oder kniend am Boden. Die Nebelmaschine stößt alle Nase lang dichte Rauschwaden aus und die Jungs in der 1. Reihe vor der Bühne machen es ihr nach. Es rrrrrriecht so gut. . .
GLASGOW COMA SCALE sind etwas technischer ausgestattet, spielen aber ebenfalls nur zu dritt und machen Postrock im reinsten Sinne. Der Name stammt aus der Krankheits-Bezeichnung einer Bewusstseinsstörung, die Band stammt aus Frankfurt. Bombastische Sounds im Wechsel mit leisen athmosphärischen Tönen stehen denen von GOD IS AN ASTRONAUT oder TIDES FROM NEBULA in nichts nach. Dazu eine schicke Lightshow mit Filmsequenzen oder Abstraktem strahlt mit dem Drummer um die Wette, der auch ab & zu mal ein paar Soundschnipsel aus dem Computer einstreut. Die Leute vor der Bühne kommen extrem in Wallung und der Zuspruch ist großartig. Männer liegen sich in den Armen, machen Ausdruckstanz oder werfen gemeinsam ihre Haare nach vorn. Es wird extrem viel gejohlt und applaudiert. Schon bei der Vorgruppe ZEN TRIP wurde nach Zugaben gerufen (die auch erfolgten), aber die GLASGOW COMA SCALE wird gar nicht wieder von der Bühne gelassen. Da ist es nicht nur der momentanen Karnevalszeit zuzuschreiben, dass die Leute „einer geht noch, einer passt noch rein“ singen. Die Jungs sind einfach sehr sehr gut! Eine kleine Überraschung. Auch für die Band selbst, die gar nicht aus dem Bedanken und Schulterklopfen/Abklatschen wieder rauskommt. Der heutige Tag ist der Auftritt zur Debüt-LP (vorher gab es nur eine EP), die ganz druckfrisch ist und schick in orangenem Vinyl daherkommt. Die Produktion der Scheibe hängt allerdings etwas hinter den Livequalitäten hinterher und klingt mir etwas zu glattgebügelt. Da ist die EP besser gelungen. Live sind GLASGOW COMA SCALE großes Kino! Wenn die nicht bald im Vorprogramm bekannterer Postrockbands wie MOGWAI spielen dürfen, weiß ich auch nicht, da steckt definitiv Potential drin...!

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Caren.
13th Jul 2024
Live Music
Selig @ Gibson Club
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Die Stimmung war einzigartig (3x für Zugaben rauskommen plus "Regenbogenleicht", Hut ab!), in FFM sowie schon (fast auf den Tag genau) vor 19 Jahren als Vorband der Freaky Fuckin' Weirdoz in Hamburg. Dazwischen immer wieder Selig Gigs sowie Kung Fu, Zinoba,... Es sind nur ein paar Haare gewichen - das Feeling bleibt bestehen. Es hat kein Song gefehlt und Gitarre wird immer noch bis auf dem Boden liegend gespielt *g*. Yeah. Auch die Magma-Lightshow war schön, der Blick war selbst hinten gut, das Gibson zurecht ausverkauft. Rundum klasse. Da braucht man auch keine Vorband, genügend Material gibt's eh ;-)

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Caren.
13th Jul 2024
Live Music
Pretty Things @ Nachtleben
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„Meine Güte, die GIBT’S noch?“-Bands, Legenden der Musikgeschichte, Teil 237. Wer kann heute schon mit einem sage und schreibe 50-jährigen (!) Bühnenjubiläum aufwarten?? Wohl höchtens noch die Stones. Lange Haare, harte Knochen, aber weiche Finger – manche Musiker sind eben doch ihr Leben lang von der Muse geküsst. So auch die PRETTY THINGS, über die man als 60ies Fan unweigerlich irgendwann in jungen Jahren stolpern musste, denn sie sind jedem ein Begriff, der einen fuzzy psychedelic „Garage“-Sampler oder die „Pin Ups“ LP von David Bowie im Schrank hat, der darauf 2 Lieder gecovert hat. Auch Parallelen zu Led Zeppelin, The Who, Arthur Brown, Mick Jagger, David Gilmour und Hawkwind sind nachzulesen oder werden in schwer verständlichem Brit-Slang auf der Bühne erzählt. Ihre Diskografie reisst zwischen 1965 bis heute nicht ab, wenn auch nicht immer in identischer Besetzung. An diesem Vatertag (der 14. Auftritt dieser Tour) stehen noch 3 original (2 Gründungs-) Mitglieder auf der Bühne, beide Gitarren (Dick Taylor & Frank Holland, ein Meister im Grimassenschneiden) und der Sänger Phil May. Dazu ein jüngerer Schlagzeuger und ein jüngerer Bassist, der sich mit einen derart guten lauten Sound durchsetzen kann und meist sehr schnelle Melodiefolgen spielt, dass man Respekt zollen muss. Auch seine zweite Stimme ist nicht zu verachten, die sehr gut auf Phil May abgestimmt ist, der wiederum ohne Saiteninstrument auskommt, dafür abwechselnd 3 Maracas zusammengetaped hat oder den Schellenkranz spielt. Die Songs reichen von Rhythm&Blues Covern bis zu eigenen Rock&Psychedelic Stücken, mal gibt es einen Blues-Block, der Robert Johnson gewidmet ist („Come on in my kitchen“ geht in „Red House“ über, da keiner aufhören will zu spielen), Dick Taylor entlockt meist der Halbakustischen enorm unterschiedliche Sounds, die richtig echt nach 60ies klingen, kann aber auch auf der rockigeren härteren Klampfe sehr stilecht performen. Mal sitzend, mal stehend. Der Drummer legt ein Solo aufs Parkett, das sich gewaschen hat und erntet wie alle anderen großen Applaus. Weitere Songs: „Hey mama, keep your big mouth shut“, „Honey, I need“, „She says good morning“, S.F. Sorrow is born“, „Can’t judge a book by the cover“, „Mona“, „Rosalyn“ und das großartig schräge „Defecting grey“ mit Walzerpart, das auch ohne Keyboards gut funktioniert. Abschließend kommt natürlich auch „L.S.D.“ zum vollen Einsatz. Außerdem lassen sich die gutgelaunten Herren in den dunklen Anzügen (ok, bereits nach dem 1. Lied des Auftritts flog das erste Sakko in die Ecke) zu weiteren Zugaben überreden. Auf den Verstärker-Topteilen haben sich bereits eine ganze Menge Bierflaschen angehäuft. Rock’n’Roll Lifestyle. 2 Stunden richtig gutes Zeug – das kann man sich immer noch gut anhören. ☺
Vorweg gibt es die lokale Band „Terrible Noises“, um den Batschkapp-Besitzer R. Scheffler, ex-Flatsch&RodgauMonotones-Drummer Niemeyer (der mit seinem Können heraussticht) und eine Bass-Dame der ex-Slags mit groovigen Rhythm&Blues Covern. Auf jeder Betriebsfeier sicherlich gern gehörte Musik, hier passt es ebenfalls ganz gut zum Programm und einige Frankfurter Fans sind sicherlich anwesend. Das Set ist für eine Vorgruppe recht lang, aber es tut keinem weh. Hängengeblieben sind „5 to 1“ von den Doors oder der Link Wray Song „Rumble“ aus Pulp Fiction. Meanwhile at the Batschkapp: vor ausverkauftem Haus spielen zeitgleich Bad Religion – man würde sich gern kurz hinbeamen, um rechtzeitig zu den Pretty Things wieder zurückzusein *g*.

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Caren.
13th Jul 2024
Live Music
Mono @ Schlachthof
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Ich treffe rechtzeitig ein und draußen beim obligatorischen Vorglüh-Getränk aus dem Bahnhofs-Rossmann den Fotografenkollegen Micha, der mir erzählt, dass er heute sehr pünktlich ins Kesselhaus rein muss, da die Vorgruppe so toll sein soll. Man kann sich ob des neutralen Vornamens nur munkelnderweise drauf einigen, ob uns Männlein oder Weiblein erwartet... es war letzteres. Und die blonde Langhaarschönheit hat einen außergewöhnlichen Soloauftritt mit einem custom made Cello, welches aussieht wie ein stilisiertes Skelett eines Urzeittieres. Auf jeden Fall irgendwas mit Knochen. An diesem Gerät loopt und fidelt und ächzt und trommelt und singt JO QUAIL ganz vorzüglich, indem alles mit diversen Fußmaschinen miteinander und gegeneinander gekoppelt wird. Mal was ganz eigenes, mit Enthusiasmus, Publikumsansprache und wallender Mähne, sie freut sich sehr, dass die Leute ihr so zuhören und darf auch später nochmal mit MONO zusammen etwas spielen.
Dann wird es etwas lauter, härter und futuristischer. A STORM OF LIGHT entern vor großer Videoleinwand die Bühne und ich wundere mich noch, dass sie gleich von einigen so extrem bejubelt werden. Die sind anscheinend wegen dieser Band gekommen und das wundert mich dann später auch überhaupt nicht mehr! Mich zieht es zur Fotopositions-Abwechslung nach ganz vorne auf die andere Seite, da es mal wieder sehr dunkel ist im Kesselhaus. Allein die Muster des Videos zeichnen sich auf dem Gesicht des glatzköpfigen Sängers ab, während es aus dem Publikum Song-Wünsche hagelt und die Matten geschwungen werden. Ich würde die Musik von A STORM OF LIGHT eher im Bereich Metal einordnen, allerdings schlau konstruiert und mit einem sehr düsteren Touch, besonders durch die Stimme. Das ganze hat wirklich Power und kann mich mitreißen, daher beschließe ich eine CD zu kaufen, die den Song, der am meisten gerufen wird, beinhaltet. Als ich den Song in der Woche drauf in mein DJ-Set im Feinstaub integriere, kommt auch gleich jemand zu mir ans Pult und fragt, wer das ist. Wir stellten dann fest, dass wir auf demselben Konzert gewesen sind und er mit einem „siehste, siehste!“ zu seinem Tischkumpanen zurückkehrt. Gute Supportband-Entdeckung! Ich glaube, die haben noch einige Fans mehr dazugewonnen.
Die japanischen MONO sind ein Phänomen des Zusammenspiels - und sie werden immer besser. Vor 10 Jahren habe ich sie zuletzt im Nachtleben FFM gesehen und da war es auch schon so, dass man sich keine Songstrukturen merken konnte, aber sie erzeugen eine sehr spannende Atmosphäre. Manchmal spielen sie so gefühlvoll und leise, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte, aber nur um im nächsten Moment die Leute zu schocken - dann preschen sie in einer ohrenbetäubenden Lautstärke los, dass man das gesamte Publikum aufschrecken und zusammenzucken sieht. Bäm! Und die Band lässt sich dabei nichts anmerken. Sie hocken mit im Gesicht hängenden Haaren fast regungslos auf ihren Plätzen und grinsen wahrscheinlich heimlich in sich hinein. Einzig der Gitarrist geht stellenweise ziemlich ab und schleudert auch mal sein Instrument in die Höhe, was leider wegen der Dunkelheit nicht gut fotografisch abgebildet werden kann. Das Kesselhaus ist mittlerweile richtig voll, da MONO sich live relativ rar gemacht haben in unseren Gefilden. Nun haben sie allerdings eine neue Doppel-LP mitgebracht, die sogar von Steve Albini produziert ist. Brachial und zart zugleich.

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Caren.
13th Jul 2024
Live Music
Various Artists @ Schlachthof
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Heute junges Gemüse in strahlender Sonne an der FRITTENBUDE! Das "Folklore im Garten" Nulldreizehn Festival in WI lädt ein zum Tanz und man hat das Gefühl man würde in diesem Moment den Altersdurchschnitt um genau 25 Jahre heben. Besonders im vorderen Bereich der tanzenden Meute steigen dunkelgraue Staubwolken durch hohe Fußaktivität auf. Es wird geraved, gerappt, gehopst und zu Antifa-Aktivitäten animiert was das Zeug hält. Zur optischen Untermalung mußten sich bei der Hitze mehrere Bühnentänzer in großkopfige Tierkostüme quetschen (zusammengehalten durch Klebeband um die viel zu schmale Hüfte), aber der Mix aus Spaß gepaart mit lebensbejahender politischer Überzeugungskraft stimmt. Alle machen mit. Ob Love-Wall oder Ruderboot mit 30 Leuten mitten in der Menge, ob "ich brauche alle Zeigefinger - JETZT!" oder auch mal melancholischere Keyboardklänge, es hat auf jeden Fall sympathischen Unterhaltungswert – auch wenn die Sonne um halb 8 noch gnadenlos runterbretzelt und sich vom aufgewirbelten Staub so viel auf Lunge & Nasenschleimhaut abgelagert hat wie von mindestens 3 Packungen Zigaretten gleichzeitig in 1 Minute. Vom Rand aus lässt es sich dann auch gut zusehen.

Mit dem letzten Ton auf der einen beginnen TURBOSTAAT auf der anderen Bühne gegenüber pünktlich mit hartem Deutschpunk & 'ner Pelzmütze im Sommer. Die Jungs aus Husum sind mitten in einer Monstertournee, sehen relativ unpunkig aus, aber knüppeln & schreien ganz gut los, daß es nichts zu meckern gibt. Lediglich der Druck hätte noch etwas größer sein können, doch vielleicht ist dies ohnehin nicht mehr lange möglich in dem Areal – das Festival steht unter einem schlechten Stern für die Zukunft. Spießige Anwohner erheben seit Wochen Anklage gegen die Betreiber, natürlich geht es wie so oft um die Lautstärke. Es kann also sein, dass wir das letzte "Folklore im Garten" miterlebt haben.

Weiter ging's mit TOCOTRONIC, die ich schon vor genau 20 Jahren (!) in Hamburg zum 1. Mal sah, damals mit nur 1 Single im Gepäck als Vorgruppe von Blumfeld. Zwischenzeitlich hat sich in ihrer Karriere einiges getan - und auch in Sachen Bühnenpräsenz hat Sänger Dirk von Lotzow mindestens 2 Schauspielkurse für klare Aussprache absolviert... Vorbei die Zeiten der genölten "wir kommen um uns zu beschweren"-Attitüde der damaligen Hamburger Schule. Klar können die Tocos mittlerweile keine "wir armen unterdrückten Studenten"-Reden mehr schwingen, aber von ihrem Charme ist leider doch so einiges verlorengegangen. Ich dachte sogar zwischenzeitlich "This boy is NOT Tocotronic", denn Aussagen & Gesang klangen oft so schlagerartig übersteigert, daß ich ernsthaft erschüttert war, doch die Originalbesetzung stimmte noch (und vielleicht stehe ich mit meiner persönlichen Meinung auch allein auf weiter Flur, mag sein). Immerhin gab es mit "Drüben auf dem Hügel" ein altes 90er-Lied, das der gerade verstorbenen Almut Klotz gewidmet wurde (alle Festival-Laser strahlten dabei in den Himmel) und mein persönliches Song-Highlight war das sehr selten gespielte "Ich möchte irgendetwas für dich sein", das mehr von krachigen Gitarren dominiert wurde. Allein dafür sei ihnen gedankt.
Den abschließen Festival-Auftritt des Freitags (Dedemann) schenkten wir uns zugunsten einer kühlen Hopfenkaltschale in der vielleicht letzten schönen lauen Sommernacht des Jahres...

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